"Plötzlich kam Licht in die Hallen"
Dirk Franke veröffentlicht Berlins Schwimmbäder als Quartett

Hallenbäder? Erinnert sich wer? Dirk Franke hilft allen Berliner Schwimmern mit seinem Kartenspiel auf die Sprünge.  | Foto: Ulrike Kiefert
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Prunkbäder, Volksbäder, Sportbäder: Berlin ist die Hauptstadt historischer Schwimmbäder. Der Schöneberger Dirk Franke hat sie und ihre spannende Geschichte jetzt als Kartenspiel herausgebracht.

Angela Merkel saß in der Sauna des Schwimmbades im Ernst-Thälmann-Park, als die Mauer fiel. Hans Rosenthal lernte im Stadtbad Schöneberg schwimmen. Im Paracelsusbad trainierte einst die Elite von Berlins Synchronschwimmern, und im Stadtbad Neukölln gab es das erste Schwimmbecken nur für Frauen. Berlins Schwimmbäder haben viel zu erzählen. Man muss nur „zuhören“.

Erst schwimmen, dann fotografieren

Dirk Franke hat das getan. Ein Jahr lang klapperte er alle öffentlichen Hallenbäder Berlins ab. „Beim ersten Mal bin ich nur Schwimmen gegangen, der Atmosphäre wegen. Beim zweiten Besuch habe ich dann fotografiert“, erzählt der Schöneberger. Eigentlich wollte der IT-Supporter und studierte Soziologe ein Buch schreiben. Doch weil ihm die Zeit fehlte, wurde es am Ende ein Kartenspiel, ein Quartett der „Schwimmbäder in Berlin“. Mit Bildern und Text.

Dirk Franke geht selbst gern schwimmen, wie viele Berliner. „Die wenigsten aber interessieren sich für die Geschichte der Stadtbäder. Dabei ist die wirklich spannend.“

1898 eröffnete das erste Bad Berlins

Angefangen vom 1898 eröffneten Stadtbad Charlottenburg – dem ersten Berlins – bis hin zur Schwimm- und Sprunghalle im Europasportpark als jüngstem Neubau. Der entstand 1999 in Prenzlauer Berg für die Olympiabewerbung Berlins, die bekanntlich scheiterte. „Historische Volksbäder aus Kaisers Zeiten gibt es heute noch in Charlottenburg, Spandau-Nord und in Prenzlauer Berg an der Oderberger Straße“, erzählt der 44-Jährige. Die alten Volksbäder waren Prachtbauten und galten als die schönsten in der Stadt. Das Neue Bauen der Weimarer Republik revolutionierte dann den Schwimmbadbau. „Plötzlich kam Licht in die Hallen, wie beim Stadtbad Mitte mit seinem gläsernen Dach.“ 1930 eröffnet, war es einst der Schwimmpalast der Weimarer Republik schlechthin. Zur Ära der Vorkriegsmoderne zählt die Schwimmhalle Finckensteinallee in Lichterfelde. Sie hatte ein Becken, das nicht nur 50 Meter lang, sondern auch 25 Meter breit war. Gebaut wurde die Halle für Hitlers Leibstandarte. Das Bad wurde später denkmalgerecht umgebaut.

Wer hat die schönsten Bäder: Ost oder West?

Mit der Nachkriegszeit folgte der Kalte Krieg und mit ihm der „Kampf“ zwischen Ost und West um die meisten und schönsten Hallenbäder. „Die Waffen waren der Kombibadtyp im Westen und die Typenbauten A, B, C und Berlin 83 im Osten.“ Letztere baute die DDR zuerst in Anklam (Typ A) und in Bitterfeld (Typ B), bevor sie die Ost-Berliner als Typ C kennenlernten. „Typ C war behaglicher Luxus mit den meisten Fenstern und viel Licht“, weiß Dirk Franke. Die Schwimmhalle auf der Fischerinsel in Mitte ist beispielsweise so ein C-Typus. Oder die an der Holzmarktstraße in Friedrichshain. Dieser älteste C-Bad-Typ von 1975 wurde im Sommer vor zwei Jahren allerdings auf unbestimmte Zeit geschlossen. Berlin 83 wiederum war der letzte Schwimmbadtyp der DDR. „Die Hallen sehen größer aus als bei Typ C, drinnen aber wurde schon kräftig gespart, weil der DDR das Geld ausging.“ Beispiele sind hier die Bäder im Ernst-Thälmann-Park und an der Zingster Straße in Neu-Hohenschönhausen. „Dort sieht es fast aus wie in einem DDR-Museum“, sagt Franke. Weshalb ihm die Recherche dort besonders viel Spaß machte.

Nach der Wende kam die große Ebbe

Nach dem Schwimmbad-Bauboom in den 70er-Jahren kam nach der Wende die große Ebbe. 13 Bäder wurden seit 1990 abgerissen, weil die Sanierung zu teuer gewesen wäre. Verschwunden sind die Bäder aus dem 19. Jahrhundert in Moabit und Wedding. Und in Friedrichshain ersetzte ein Aldi-Filiale die Krönung des DDR-Typenbaus in Berlin. Was aus dem Baerwaldbad in Kreuzberg oder den alten Bädern in Steglitz und Lichterfelde wird, ist ungewiss – was Dirk Franke außerordentlich bedauert. Aber immerhin: „Nach über 100 Jahren Baugeschichte existieren immer noch viele öffentliche Bäder in Berlin.“

Nächstes Projekt: ein Buch

32 sind es, um genau zu sein. Die gibt es nun als Kartenspiel, pünktlich zur Herbst- und Wintersaison. „Die Freibäder sind zu, jetzt geht’s wieder in die Schwimmhallen, der richtige Zeitpunkt also, um sich die Berliner Bäder zu vergegenwärtigen“, sagt Dirk Franke. Veröffentlicht hat er das Quartett über seinen Verlag „Zitronenpresse“. Zunächst 500 Stück, bestellbar in jeder Buchhandlung oder im Online-Handel für 7,90 Euro. Die Idee mit dem Buch hat Franke aber noch im Kopf. Das ist sein nächstes Projekt.

Wer mehr wissen will, hier der Kontakt: info@zitronenpresse.info oder www.zitronenpresse.info.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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