Ein Besuch im imposanten Berliner Kammergericht

Besucher können das Kammergericht nach Anmeldung besichtigen. | Foto: KEN
  • Besucher können das Kammergericht nach Anmeldung besichtigen.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Schöneberg. "Das ist eigentlich der schönste Teil", sagt Petra Gernoth-Schultz. Die Richterin empfängt die Besucher in der Eingangshalle des Kammergerichts.

Elßholzstraße 30 lautet seine Adresse. Aber eigentlich liegt das stattliche Gebäude am Heinrich-von-Kleist-Park. Berlins höchstes und Deutschlands ältestes Gericht wurde in einer Rekordzeit von drei Jahren errichtet. Die Körperschaft bezog im September 1913 ihre neuen 540 Diensträume. Hat man die Röntgenschleuse und den freundlichen Justizbeamten passiert, steht man inmitten wilhelminischer Prachtarchitektur. "Ausdruck des stolzen Selbstverständnisses der Justiz", erläutert Richterin Gernoth-Schultz unter dem tonnenschweren Leuchter, der in schwindelerregender Höhe über den Köpfen der Mitarbeiter und Besucher hängt. Nur ein Detail im Reigen reichen Wand- und Architekturschmucks, der sich über die vier Etagen zieht. Über drei Haupt- und vier Nebentreppen erreicht man sie. Von den beiden historischen holzgetäfelten Aufzügen existiert noch einer.

Petra Gernoth-Schultz führt durch einige Gerichtssäle: den Strafsenatssaal im Erdgeschoss, der nicht häufig genutzt wird, weil die Sicherheitsvorkehrungen in Moabit besser sind, den Zivilgerichtssaal im vierten Stock mit Stuck, Deckenfresko und an den Wänden gemalten Medaillons, die antike Begebenheiten schildern. Dort oben, so die Richterin, hatten die Sowjets kurz nach dem Krieg Schweine gehalten. Auf die Koben verweisen noch Markierungen im Linoleumboden. Bis 1948 war das Kammergericht Sitz des Alliierten Kontrollrats. Im Krieg war das Gebäude nur wenig beschädigt worden. "Nur ein Türmchen ist weggeschossen worden", weiß die Richterin.

Die Räume, darunter die 16 Zimmer der Wohnung des Kammergerichtspräsidenten - heute von der Verwaltung als Dienstzimmer genutzt - eigneten sich für Zusammenkünfte, Empfänge und Feste.

Im ersten Obergeschoss liegt einer der schönsten Säle des Hauses, in dem zugleich eines der dunkelsten Kapitel deutscher Geschichte geschrieben wurde: Im Plenarsaal mit Stuckdecken, Kronleuchter, Loge für den Kaiser, der nie einer Gerichtssitzung beiwohnte, und hölzernen Wandpaneelen tagte von August 1944 bis Januar 1945 der Volksgerichtshof unter dem Vorsitz von Roland Freisler. Er leitete die Schauprozesse gegen die Beteiligten des militärischen Widerstandes am Attentat des 20. Juli. "Propagandaminister Goebbels wollte einen repräsentativen Saal für den Schauprozess", sagt Gernoth-Schultz.

Er wurde gefilmt, aber nie öffentlich gezeigt. Zu sehr zeigte der geifernde Freisler das wahre Gesicht der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. In Ausschnitten zeigt das Kammergericht vor Ort Szenen aus dem Prozessfilm. Die 1918 in schönstem Jugendstil vollendeten Fresken des Berliner Jugendstil- Monumental- und Dekorationsmalers Albert Maennchen wollen dabei nicht so recht versöhnen.

Karen Noetzel / KEN
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

20 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 860× gelesen
WirtschaftAnzeige
JRB DER HEIMWERKER hat alles, was Ihr Weihnachtsfest schöner macht. | Foto: JRB DER HEIMWERKER

JRB DER HEIMWERKER
Alles für Advent und Weihnachten

JRB DER HEIMWERKER hat ein stimmungsvolles und umfangreiches Angebot im Weihnachtsmarkt für Sie, liebe Kunden, zusammengestellt. Im EG. und 1. OG, das Sie bequem mit Rolltreppe oder Aufzug erreichen können, erwartet Sie eine große Auswahl an Weihnachtsdekoration. Christbaumkugeln und Spitzen in vielen Farben und Formen sowie viele Deko-Artikel, Figuren sind in großer Auswahl vorhanden. Das wichtigste ist ein guter Weihnachtsbaumständer und natürlich die Beleuchtung. Wir führen Lichterketten,...

  • Köpenick
  • 27.11.24
  • 839× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 539× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.039× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 1.924× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.