Im Nebenjob Vollblutpolitiker
Jan Rauchfuß über Euref, explodierende Mieten und Kriminalität

Jan Rauchfuß ist seit 2011 Bezirksverordneter der SPD. | Foto: KEN
  • Jan Rauchfuß ist seit 2011 Bezirksverordneter der SPD.
  • Foto: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

„Politik ist mein Nebenberuf“, erklärt Jan Rauchfuß. Ihn übt der junge Volkswirtschaftler allerdings mit Hingabe aus. Wir trafen den Vorsitzenden der SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung am Schöneberger Gasometer.

Der Euref-Campus begeistert den 32-Jährigen, der seit 2011 in der BVV sitzt. „Er ist von bezirkspolitischer Bedeutung“, so Jan Rauchfuß. „Das herausragende Projekt im Bezirk der vergangenen zehn Jahre. Hier wird für morgen gewirtschaftet. Gleichzeitig ist es ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für Tempelhof-Schöneberg“, hebt er hervor. Bedauerlicherweise hätten das früher nicht alle so gesehen. Das Bezirksamt habe insbesondere unter Stadtentwicklungsstadträtin Sibyll Klotz (Grüne) stellenweise Hürden aufgebaut. „Heute nennen die Grünen den Euref-Campus ein gutes Vorhaben“, sagt er.

Aktuell sind an der Torgauer Straße 150 Unternehmen mit 3500 Beschäftigten angesiedelt. In Bau befindet sich die neue Gasag-Firmenzentrale. Auch die Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg will hier für 300 Mitarbeiter bauen.

Diskussionen gibt es nach wie vor um die Erschließungsstraße für den Campus. Dazu lägen zwei Maßnahmen auf dem Tisch, die eine weitere Zufahrtsstraße überflüssig machen, so Rauchfuß: die Sanierung der Torgauer Straße und ein Tunnel für Fußgänger und Radfahrer unter den S-Bahngleisen am Bahnhof Südkreuz. Für Letzteres gebe es eine Finanzierungszusage des Senats. Die Torgauer Straße würde der Bezirk instandsetzen. Jan Rauchfuß wartet auf ein Verkehrsgutachten zur Torgauer Straße – inzwischen das siebte –, das der aktuelle Stadtentwickungsstadtrat Jörn Oltmann (Grüne) in Auftrag gegeben hat. Im November soll es vorliegen.

Der gebürtige Mariendorfer Jan Rauchfuß, der nach dem Abitur 2005 mit seinem Zwillingsbruder Lars in die SPD eintrat, lebt seit einigen Jahren in direkter Nachbarschaft zum Euref-Campus und spürt auch dort den Druck auf dem Wohnungsmarkt, wenngleich er keinen direkten Zusammenhang mit dem Campus herstellen will.

Bezirk und Land hätten die zur Verfügung stehenden Instrumente wie Milieuschutz und Vorkaufsrecht ausgeschöpft, um die ungute Dynamik zu dämpfen. „Die Lösung des Problems ist es nicht“, sagt Rauchfuß. Nun sei der Bund am Zug, etwa mit einem Mietenstopp, wie ihn seine Partei vorgeschlagen hat. Von privaten Bauvorhaben wie der „Friedenauer Höhe“ ist Jan Rauchfuß überzeugt. „Private müssen auf privaten Flächen Wohnungen bauen können. Klar, es wird enger, es wohnen dort mehr Leute, es fahren mehr Autos. Das ist eben so. Besser auf einer uBrache bauen als auf dem Areal einer Kleingartenanlage.“

Jan Rauchfuß kommt auf die Kriminalität im Schöneberger Norden zu sprechen, ein „hochtoxischer Cocktail“ aus Diebstahls-, Homophobie- und Drogendelikten, wie er meint. „Der Staat muss mit mehr Personal rein. Gegebenenfalls muss die mobile Wache der Polizei am Nollendorfplatz noch häufer vor Ort sein“, schlägt Rauchfuß vor und ergänzt: „Der Bezirk plant umfangreiche Maßnahmen zum Drogenproblem.“

Über die Vorschläge von Mittes Bürgermeister Stephan von Dassel (Grüne) zu den problematischen Begleiterscheinungen der Straßenprostitution im Kurfürstenkiez – unter anderem waren das Sperrzeiten – ist SPD-Politiker Jan Rauchfuß nicht glücklich. „Verdrängung hilft nichts. Es geht auch darum, Sexarbeiter zu schützen und nicht in dunkle Ecken abzudrängen.“

Die Zeit ist um. Jan Rauchfuß, der Vollblutpolitiker im Nebenjob, muss zurück an seinen Arbeitsplatz bei einem Dienstleister für den Senat im Bereich Ausbildung und Berufsorientierung für junge Menschen.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

19 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 454× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn auch Sie mehr über Ihre Schulterbeschwerden erfahren möchten und sich über mögliche Behandlungsansätze informieren möchten, kommen Sie zum Informationsabend am 23. Mai. | Foto: B. BOISSONNET / BSIP

Wir informieren Sie
Schmerzen in der Schulter – Ursachen und Behandlungen

Schmerzen in der Schulter können vielfältige Ursachen haben – sei es durch Unfälle oder Verschleißerscheinungen. Diese Ursachen können die Beweglichkeit beeinträchtigen und die Lebensqualität stark einschränken. Unsere Experten, Dr. med. Louise Thieme und Robert Tischner, Teamchefärzte des Caritas Schulter- und Sportorthopädiezentrums, werden bei unserem Informationsabend speziell auf die Problematik von Schulterbeschwerden eingehen – vom Riss der Rotatorenmanschette bis zur Arthrose. Sie...

  • Pankow
  • 18.04.24
  • 423× gelesen
Gesundheit und Medizin
Wenn Hüfte oder Knie schmerzen, kann eine Arthrose die Ursache sein.

Infos für Patienten
Spezialthema: Arthrose in Hüft- und Kniegelenken

Sie leiden unter Schmerzen im Knie- und Hüftgelenk? Diese Beschwerden können verschiedene Ursachen haben, wie beispielsweise Unfälle, Verschleißerscheinungen, angeborene oder erworbene Fehlstellungen. Die Auswirkungen beeinflussen nicht nur die Beweglichkeit, sondern auch die Lebensqualität entscheidend. An diesem Infoabend möchten wir speziell auf die Arthrose in Knie- und Hüftgelenken eingehen. Die Behandlung von Arthrose erfolgt individuell aufgrund der vielfältigen Ursachen und...

  • Pankow
  • 19.04.24
  • 374× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Langanhaltende Schmerzen können ein Anzeichen für Gallensteine sein.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wann ist eine OP sinnvoll?
Infos zu Gallensteinen und Hernien

Leiden Sie unter belastenden Gallensteinen oder Hernien (Eingeweidebruch) Langanhaltende Schmerzen begleiten viele Betroffene, unabhängig des Lebensalters, bevor sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können jedoch häufig Komplikationen vermeiden. Wir sind auf die Behandlung dieser Probleme spezialisiert und bieten Ihnen erstklassige allgemein- und viszeralchirurgische Expertise. Von Diagnostik bis Nachsorge: Wir kümmern uns individuell um Ihre...

  • Reinickendorf
  • 17.04.24
  • 408× gelesen
Jobs und KarriereAnzeige
Foto: VEAN TATTOO
4 Bilder

Tattoo-Kurse
Ausbildung für Topberuf des letzten Jahrzehnts

Eine Frage, die immer aktuell ist, auch wenn man schon vor langer Zeit erwachsen ist. Sehr oft entscheiden wir uns aufgrund des sozialen Drucks für einen Beruf. Wie oft haben Sie sich gefragt, was aus Ihnen geworden wäre, wenn Sie auf sich selbst gehört hätten? VEAN TATTOO hat diese wichtige Frage vor zwölf Jahren ehrlich für sich selbst beantwortet und reicht daher ohne Zweifel allen, die über ihren ersten oder neuen Beruf nachdenken, eine helfende Hand. Es liegt an Ihnen, zu entscheiden,...

  • Mitte
  • 25.03.24
  • 1.726× gelesen
  • 1
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.