Die Politikerin mit dem Hütchen
Ella Barowsky war Schönebergs erste Frau auf dem Bürgermeistersessel

Ella Barowsky bei der Einweihung der Grünanlage Cheruskerstraße am 27. März 1954.
  • Ella Barowsky bei der Einweihung der Grünanlage Cheruskerstraße am 27. März 1954.
  • hochgeladen von Silvia Möller

Walter Momper nannte sie schlicht „ein Juwel unserer Stadt“. „Sie“, das war Ella Barowsky, Schönebergs erste Bezirksbürgermeisterin.

Der Ausspruch: „Politik muss man machen, damit auch Raum bleibt für alle anderen menschlichen Dinge“ wird der Linksliberalen zugeschrieben, die 1951 mit 39 Jahren als erste Frau auf dem Schöneberger Bürgermeistersessel Platz nahm. Der politische Weg war der 1912 in Charlottenburg geborenen Ella Barowsky nicht direkt vorgezeichnet. Zwar studierte sie in Berlin Nationalökonomie. Doch an eine Karriere im Nationalsozialismus dachte sie nicht. Barowsky arbeitete als Archivarin bei der Wohnungsbaufirma „Treubau AF für Berlin“ und anschließend bis Kriegsende als wissenschaftliche Angestellte in der nationalsozialistischen „Wirtschaftsgruppe Textilindustrie“, der ausschließlichen Vertretung der Textilindustrie. Währenddessen schrieb sie an ihrer Doktorarbeit und wurde 1943 promoviert.

Der politische Lebensweg der zierlichen, aber als streitbar und energisch geltenden Frau, die das Tragen von Hütchen zu ihrem Markenzeichen machte, begann 1945. Sie gehörte zu den Gründern der Liberal-Demokratischen Partei (LDP) in Berlin, der Vorläuferpartei der FDP. Barowsky gehörte dem linksliberalen Flügel der Partei an. Von 1946 bis 1948 war sie Stadtverordnete. Anschließend saß sie im Abgeordnetenhaus, zeitweilig als stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende. Sie war im FDP-Bundesvorstand und stellvertretende Landesvorsitzende der Liberalen. Ende Mai 1945 wurde Ella Barowsky Rechnungsdirektorin in Schöneberg. Sie war zuständig für das Haushaltswesen und die Kasse. Für den Wiederaufbau packte sie als „Trümmerfrau“ auch selbst mit an. Dabei erkrankte sie an Typhus, was sie für Monate aufs Krankenlager warf.

Vorreiterin für Berlin

1951 dann ihre Wahl zur ersten Bürgermeisterin von Schöneberg und zur ersten Frau überhaupt, die in einem Berliner Bezirk diese Position einnahm. Ihre Arbeitsschwerpunkte waren Finanzen und Soziales. Ihr Amt füllte Ella Barowsky, die unverheiratet und kinderlos blieb, den Menschen zugewandt aus. So hielt sie eine wöchentliche Bürgersprechstunde ab. Diese wurde rege genutzt.

Einweihungen wie der des Insulaners oder der Grünanlage an der Cheruskerstraße, Inbetriebnahme der Rathausuhr oder Grundsteinlegungen, etwa für Neubauten in der stark kriegszerstörten Lindenhof-Siedlung, machte Ella Barowsky zu kleinen und größeren Volksfesten, um der Bevölkerung etwas Lebensfreude zu geben. Immer noch waren ganze Straßenzüge von Ruinen gesäumt.

Bis 1955 blieb Ella Barowsky an der Spitze Schönebergs. Der CDU-Politiker Joachim Wolff (1918-1977) löste sie ab. Erst 40 Jahre später, 1996, wurde mit Elisabeth Ziemer von den Grünen wieder eine Frau Bezirksbürgermeisterin.

„Big Ella“ blieb bis ins hohe Alter politisch und gesellschaftlich aktiv. Nach ihrer Abwahl als Bürgermeisterin war sie Finanzstadträtin in Wilmersdorf, von 1964 bis 1975 lenkte sie als Direktorin die Geschicke des Lette-Vereins. 1974 wurde sie für 18 Jahre eine der Vorsitzenden der Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit. Führend tätig war sie zudem für die Deutsch-Israelische Gesellschaft. Sie engagierte sich im Verein der Freunde der Hebräischen Universität Jerusalem.

Bundesverdienstkreuz und Ehrengrab

Ella Barowsky ist vielfach geehrt und ausgezeichnet worden. Genannt seien nur das Bundesverdienstkreuz, die Louise-Schroeder-Medaille, die Bürgermedaille des Bezirksamts Wilmersdorf und die Ehrung als „Stadtälteste“. Im Jahr 2000 hielt sie 88-jährig die bewegende Gedenkrede zum Jubiläum der Freiheitsglocke, deren Ankunft 50 Jahre zuvor sie nicht persönlich miterleben konnte. Sie lag damals mit Typhus im Krankenhaus.

Am 25. September 2007 starb Ella Barowsky im Alter von 95 Jahren. Sie wurde in einem Ehrengrab des Landes Berlin auf dem Städtischen Friedhof an der Eythstraße beigesetzt.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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