Heimwerken Corona
Warum das Heimwerken nicht nur bei den Berlinern so beliebt ist!

Foto: lersan - stock.adobe.com

Heimwerken und das eigene Zuhause selbst zu gestalten wird immer beliebter. Was macht die Faszination Heimwerken aus? Welche Rolle spielt dabei Corona? Denn mittlerweile ist es bei vielen vor allem Männern aber auch manchen Frauen zum Ritual geworden; Den Samstag verbringt man in dem nächsten Baumarkt und lässt sich inspirieren.

Die Berliner haben in Coronazeiten das Heimwerken entdeckt

Die Berliner und der Rest der Republik haben Dank Corona mehr Zeit. So nutzen jetzt viele Deutsche die Zeit zu Hause für lange geplante Renovierungen und Verschönerungsarbeiten. Da werden die Wände oder die Möbel gestrichen und der Rasen und die Blumenpflanzen auf dem Balkon gedüngt.
Vor dem Hellweg-Baumarkt in Berlin-Friedrichshain reicht die Menschenschlange bis weit auf den Parkplatz. Mitarbeiter am Eingang lassen immer nur eine begrenzte Anzahl an Kunden auf einmal in der Filiale. In der Kassenzone sind Abstandshalter aufgestellt, Plakate und Hinweisschilder mahnen, einen Mindestabstand von zwei Metern einzuhalten.

Die Deutschen stürmen die Baumärkte, um sich mit Materialien einzudecken. Viele verlassen die Märkte mit vollgepackten Einkaufswagen und neuen Ideen.

Eine kurze Befragung der Baumarktchefs rund um Berlin und Potsdam lässt darauf schließen, was die Bürger zu Hause so treiben: Drinnen wird gemalert, draußen lackiert, neue Stromleitungen werden installiert, die ersten Rasenreparaturen vorgenommen und die Handkreissäge sorgt für den richtigen Schnitt beim Bau der neuen Terrasse.

Die Nachfrage nach Heimwerkerbedarf steigt nicht nur in Berlin

Mit Beginn stieg die Nachfrage nach Werkzeugen oder Gartengeräten an. Allerdings nicht nur im nächsten Baumarkt, sondern zunehmend über das Internet. Mittlerweile hat jeder fünfte Internetnutzer schon online Heimwerkerbedarf gekauft, wie eine Studie im Auftrag des BITKOM zeigt. Vor allem die 50- bis 64-Jährigen (28 Prozent) kaufen in Online-Baumärkten ein. Das zeigt, dass der Online-Einkauf sich nicht mehr allein auf Bücher und Kleidung beschränkt, die Zahl der im Internet angebotenen Produktkategorien steigt.

Die Webseiten der Baumärkte und Heimwerker Shops bieten oft auch Test, Tipps und Ratgeber an. Von der richtigen Benutzung von Werkzeugen, über das Verlegen von Laminat bis zu Werkzeugtest wie zum Beispiel Handkeissägen, Bei einigen Online-Baumärkten finden sich sogar Video-Anleitungen zu verschiedenen Heimwerker-Projekte, wie Möbelbau oder Anlegen eines Gartenteichs. Einige Online-Baumärkte haben auch ein Forum, in denen sich die Kunden austauschen können.

12 Millionen Deutsche interessieren sich fürs Heimwerken

Das Interesse am Heimwerken ist – zumindest in Deutschland – ungebrochen. Besonders interessant dabei ist auch die Entwicklung der letzten Jahre. Do-it-yourself ist nicht mehr länger als „arme Leute Hobby“ verschrien, Projekte für die Heimverschönerung werden sogar bei jüngeren Menschen immer beliebter.

Dieser Trend ist spätestens nach einer Umfrage aus dem letzten Jahr unbestreitbar. Statistiken zufolge sind es mittlerweile beinahe 12 Mio. junge Deutsche ab 14 Jahren, die bereits von DIY gehört haben oder auch schon selbst Erfahrungen mit kleinen und großen Heimprojekten gemacht haben. Dabei reichen Projekte und Tätigkeiten vom Ein- und Umtopfen von Pflanzen oder dem Aufhängen von Bildern und Postern bis hin zu anspruchsvollen Renovierungen, bei denen Wände neu verputzt, neue Böden verlegt und sämtliche Möbel ausgetauscht werden.

Wieder andere Studien gehen dabei näher auf diese Tätigkeiten ein. Überraschend ist hierbei, wie scheinbar ehrlich die Befragten in der Splendid Research Studie die eigenen Fertigkeiten einschätzen. Zuletzt sind es sogar noch ein Drittel aller befragten Männer, die sich zutrauen, Fliesen selbst zu verlegen. Bei Frauen sind es zum Beispiel noch 40 % die meinen, ein Zimmer neu tapezieren zu können. Insgesamt aber schätzen sich nur knapp 25 % selbst als „gute Heimwerker“ ein, bei Frauen sind es nur knappe 8 %.

Trotz dieser scheinbar geringen Kompetenz verzeichnen Baumärkte in Deutschland keinerlei Umsatzeinbrüche. 2018 verbuchten die populärsten Märkte wie etwa Obi, Bauhaus oder Hornbach ein Umsatzplus von beinahe 2 % (18,75 Milliarden Euro insgesamt). Mit einem Gesamtbruttoumsatz von 19,46 Milliarden Euro erzielten die Bau- und Gartenfachmärkte in Deutschland im Jahr 2019 ein deutliches Umsatzplus in Höhe von 3,6 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Damit konnte die Branche das beste Umsatzergebnis seit mehr als zehn Jahren verzeichnen.

Auch auf bereinigter Verkaufsfläche verbuchte die Branche mit plus 3,8 Prozent ein solides Wachstum. Die Marktzahlen, basierend auf aktuellen Werten der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK), stellt der Handelsverband Heimwerken, Bauen und Garten e.V. (BHB) vor. Der Blick auf die Sortimentsentwicklungen im Gesamtjahr zeigt, dass die deutschen Bau- und Heimwerkermärkte 2019 laut GfK-Total-Store-Report die höchsten Umsätze mit den Sortimenten Bauchemie/Baumaterial (rund 2,02 Milliarden Euro) sowie Sanitär/Heizung (rund 1,80 Milliarden Euro) erzielten. Zum zweiten Male behauptet der Sortimentsbereich Gartenausstattung den dritten Platz im Umsatzranking (1,39 Milliarden Euro) vor dem Werkzeugsegment (1,38 Milliarden Euro).

Heimwerken als Freizeitgestaltung

Man hat oft die Angewohnheit, nur richtig entspannen zu können, wenn man auch in der Freizeit etwas Sinnvolles tut. Diese Do-it-your-self-Welle ist jedoch nicht typisch deutsch, wie man nun annehmen könnte. „Auf den ersten Blick wirkt das tatsächlich sehr deutsch. Diese Angewohnheit, Freizeit nur genießen zu können, wenn man dabei etwas tut. Das Phänomen ist aber international. Ursprünglich kommt die Do-it-yourself-Welle aus den USA“, erklärt Dr. Jonathan Voges, Historiker und Buchautor.

„Mit dem Heimwerken verhält es sich wie mit dem Gärtnern. Das ist auch mal aus der Not entstanden und hat sich zu einem Hobby entwickelt“, erklärt Dr. Voges. Da war zum Beispiel einen Maler zum Tapezieren zu bestellen zu teuer, oder die gewünschte Kommode im Möbelhaus war nicht erschwinglich. So legte man früher oft selbst Hand an. „Es ist das gute Gefühl, etwas selber zu machen, dass die Menschen mit Zufriedenheit erfüllt.“

So hat sich das Heimwerken heute schließlich zu einem Hobby entwickelt. Der Großteil unserer Gesellschaft sitzt den ganzen Tag am Schreibtisch und starrt auf den Computer. Für viele ist es danach eine Erholung, mit den Händen selbst etwas zu erschaffen. Wenn man etwas selbst geschaffen hat, ist man nachweislich zufriedener und hat hinterher ein gutes Gefühl.

Ende der 50ziger Jahre begann in Deutschland der Heimwerker-Boom, der sich bis heute durchgesetzt und noch verstärkt hat. Damals hat man aus der Not seinen beengten Wohnraum vor den Nachbarn abschotten wollen, um mehr für sich zu sein. Heute geht es in der Regel um die Verschönerung, das sogenannte Upcycling. Gerade auch Frauen finden immer mehr Gefallen am Heimwerken. So ist ein Drittel der Baumarktkunden nachweislich weiblich.

Heimwerken wird nicht als Arbeit angesehen

Wenn man neben seinem normalen Job auch sein Zuhause selbst verschönert, dann sieht man dies meist nicht als Arbeit an. Die großen Baumärkte haben dies schon längst erkannt und bieten dort alles, was man benötigt. Von der kleinsten Schraube, über verschiedene Geräte bis hin zum Do-it-yourself-Gartenhaus kann man hier alles in einem einzigen Markt finden. Hierdurch kann man sich inspirieren lassen, direkt im Baumarkt neue Pläne schmieden und diese auch sofort in die Tat umsetzen.

Autor:

johannes BRAUN aus Spandau

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