Musiker verlieren Proberäume
Aus für die Bandetage auf Eiswerder

Einige der bisherigen Nutzer der Bandetage. Zweite von rechts Andrea Wiemer, vierter von  rechts Jürgen Wiemer, vorne links neben ihm Klaus Kolpack.   | Foto:  Thomas Frey
2Bilder
  • Einige der bisherigen Nutzer der Bandetage. Zweite von rechts Andrea Wiemer, vierter von rechts Jürgen Wiemer, vorne links neben ihm Klaus Kolpack.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

Die Klangwelt beginnt hinter einer dicken Tür: die Stimmübungen eines Sängers sind zu hören. Beim weiteren Gang entlang des endlos langen Flurs dringen typische Probegeräusche einer Rockband durch die Wände. In den Räumen links und rechts stehen Instrumente. Einige Zimmer sind aber auch leer.

Willkommen in der Bandetage, einem Musikerrefugium mit rund 1100 Quadratmeter Gesamtfläche in einem der ehemaligen Fabrikgebäude auf der Insel Eiswerder. Das riesige Areal im Dachgeschoss war bisher Domizil für mehr als 30 Gruppen und Einzelkünstler. Formationen testeten hier zum ersten Mal ihre Bühnentauglichkeit, Auftritte wurden einstudiert, Musiker fanden in anderer Zusammensetzung zusammen. All dies ist in Kürze Vergangenheit. Ende Juli muss die Bandetage leer gezogen sein.

Er habe wirklich alles versucht, um das Aus abzuwenden, sagt Klaus Kolpack, Vermieter und zugleich Mieter der vielen Räume entlang des langen Flurs. Der Vertrag, den er zuletzt mit den Besitzern hatte, ließ auch eine schnelle Kündigung zu. Dennoch sei die Entscheidung der Eigentümer auch für ihn zu diesem Zeitpunkt überraschend gekommen, da von seiner Seite befürchtete Veränderungen von diesen in Abrede gestellt worden sein, sagt Klaus Kolpack.

Dabei habe es wiederholt Besuche von vermutlich Architekten gegeben, die die Bandetage in Augenschein nahmen. Auch wurden Parkplätze in der Umgebung der Immobilie kostenpflichtig und namentlich gekennzeichnet. Dadurch wurden die Stellflächen für die Musiker reduziert.

Klaus Kulpack war 17 Jahre Mieter und Vermieter des Dachensembles an der Eiswerderstraße. Dass es zu einem Proberaum und Treffpunkt von Klangkünstlern verschiedener Sparten wurde, sei vor allem seiner eigenen Vergangenheit als Musiker zu verdanken und dem Umstand, dass das Angebot an Proberäumen nicht gerade üppig und somit die Nachfrage groß war.

Zu den langjährigen Nutzern gehört die Spandauer Band "Reboot". Das Repertoire der Gruppe um Bassistin Andrea Wiemer und ihrem Ehemann und Gitarristen Jürgen Wiemer besteht vor allem aus Coversongs, von David Bowie über Sting bis AC/DC. Ungefähr die Hälfte der Gruppen in der Bandetage kämen aus dem Bezirk, erzählt Andrea. Für viele von ihnen neue Proberäume zu finden, sei jetzt das Ziel. Leicht dürfte das nicht werden.

Das Aus der Bandetage steht symbolisch für die Veränderungen auf Eiswerder. Die Insel war einst bekannt für künstlerische Aktivitäten aller Art. Die ehemaligen Fabrikhallen boten dafür beste Voraussetzungen. Sie beherbergten Ateliers und wurden für Fernsehproduktionen wie das Sat.1-Glücksrad genutzt. Am Ausgang Richtung Haselhorst gibt es immer noch die CCC-Filmstudios. Und viel Musik wurde gemacht, auch einst im Club jwd. Mittlerweile entwickelt sich Eiswerder immer mehr zu einem Büro- und Gewerbestandort, der auch bei Start-ups sehr beliebt ist. Auch der Wohnungsbau ist auf dem Vormarsch.

Andrea und Jürgen Wiemer haben für ihre Band ein neues Domizil in Spandau in Aussicht. Damit sind sie aber die Ausnahme. Zu Ende gehe auf jeden Fall der Zusammenhalt so vieler unterschiedlicher Musiker. Der bei solchen Beschreibungen gern benutzte Begriff von der "großen Familie" macht auch hier die Runde. Aber geholfen wäre vielen zumindest, wenn sie irgendwo unterkommen könnten.

Auch Klaus Kolpack will sich weiter in dieser Richtung engagieren, wenn er eine Möglichkeit dazu bekommt. Wer Räume zu vermieten habe, könne sich gerne an ihn unter der E-Mailadresse lopa@gmx.de wenden.

Die Bandetage muss er bis Ende Juli besenrein übergeben. Das bedeutet auch, dort vieles herauszureißen, was er in den vergangenen mehr als eineinhalb Jahrzehnten investiert hat. Der Rückbau werde ihn rund 50 000 Euro kosten.

Einige der bisherigen Nutzer der Bandetage. Zweite von rechts Andrea Wiemer, vierter von  rechts Jürgen Wiemer, vorne links neben ihm Klaus Kolpack.   | Foto:  Thomas Frey
Nicht nur dieses Schlagzeug muss aus der bisherigen Bandetage verschwinden. | Foto: Thomas Frey
Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

50 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

BauenAnzeige
2024 war Richtfest für die Grundschule in der Elsenstraße. | Foto: SenBJF
7 Bilder

Berliner Schulbauoffensive 2016-2024
Erfolgsgeschichte für unsere Stadt

Die Berliner Schulbauoffensive ist nach wie vor eines der zentralen Projekte unserer Stadt. Mit aktuell mehr als 44.000 neu entstandenen Schulplätzen setzt die Offensive ihre Ziele erfolgreich um. So wurden von 2016 bis 2023 bereits 5 Milliarden Euro in moderne Bildung investiert. Auch in den kommenden Jahren wird das derzeit größte Investitionsvorhaben für Schulen fortgesetzt. Die Offensive geht weiter und führt zu einer dauerhaft verbesserten schulischen Umgebung für unsere Schülerinnen und...

  • Charlottenburg
  • 13.12.24
  • 233× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 180.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom baut Netz aus
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Ab Dezember starten die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Borsigwalde, Friedenau, Frohnau, Hakenfelde, Lichtenrade, Lübars, Mariendorf, Neu-Tempelhof, Reinickendorf, Schöneberg, Spandau, Tegel, Waidmannslust, Wilhelmstadt und Wittenau. Damit können weitere rund 180.000 Haushalte und Unternehmen in Berlin einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2030 plant...

  • Borsigwalde
  • 11.12.24
  • 990× gelesen
WirtschaftAnzeige
Einstiegstüren machen Baden und Duschen komfortabler. | Foto: AdobeStock

GleichWerk GmbH
Seniorengerechte Bäder und Duschen

Seit März vergangenen Jahres ist die Firma GleichWerk GmbH in Kremmen der richtige Partner an Ihrer Seite, wenn es um den Innenausbau Ihres Hauses oder Ihrer Wohnung geht. Darüber hinaus bietet das Unternehmen auch seine Dienste für Hausverwaltungen an. Geschäftsführender Inhaber des Fachbetriebs ist Dennis Garte, der nach jahrelanger Berufserfahrung den Schritt in die Selbstständigkeit wagte, wobei er über ein großes Netzwerk an Kooperationspartnern sowie angesehenen Handwerksfirmen verfügt....

  • Umland Nord
  • 04.12.24
  • 651× gelesen
WirtschaftAnzeige
Für weitere rund 84.000 Haushalte in Berlin baut die Telekom Glasfaserleitungen aus. | Foto: Telekom

Telekom vernetzt
Glasfaser-Internet hier im Bezirk

Aktuell laufen die Arbeiten zum Ausbau des hochmodernen Glasfaser-Netzes in Berlin auf Hochtouren. Neue Arbeiten starten nun auch in Alt-Hohenschönhausen, Fennpfuhl, Friedrichsfelde, Friedrichshain, Karlshorst, Kreuzberg, Lichtenberg und Rummelsburg. Damit können nun rund 84.000 Haushalte und Unternehmen einen direkten Glasfaser-Anschluss bis in die Wohn- oder Geschäftsräume erhalten. Die Verlegung der Anschlüsse wird im Auftrag der Telekom durchgeführt. Bis 2023 plant die Telekom insgesamt...

  • Alt-Hohenschönhausen
  • 11.12.24
  • 1.140× gelesen
KulturAnzeige
Blick in die Ausstellung über den Palast der Republik. | Foto: David von Becker
2 Bilder

Geschichte zum Anfassen
Die Ausstellung "Hin und weg" im Humboldt Forum

Im Humboldt Forum wird seit Mai die Sonderausstellung „Hin und weg. Der Palast der Republik ist Gegenwart“ gezeigt. Auf rund 1.300 Quadratmetern erwacht die Geschichte des berühmten Palastes der Republik zum Leben – von seiner Errichtung in den 1970er-Jahren bis zu seinem Abriss 2008. Objekte aus dem Palast, wie Fragmente der Skulptur „Gläserne Blume“, das Gemälde „Die Rote Fahne“ von Willi Sitte, Zeichnungen und Fotos erzählen von der damaligen Zeit. Zahlreiche Audio- und Videointerviews geben...

  • Mitte
  • 08.11.24
  • 2.030× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.