Ein Zuhause ohne Wände: Ausstellung: Kinder zeichnen Krieg und Not
Spandau. Der visuelle Sprachkünstler Philip Davenport arbeitete mit Kindern in der Gemeinschaftsunterkunft Staakener Straße. Entstanden sind Zeichnungen und Texte, die im Paul-Schneider-Haus zu sehen sind.
Ein Polizist mit Schlagstock versteckt sich in der Ecke eines „ganz normalen Tages.“ Eine Mutter geht durch ein Feld, umgeben von Bäumen und Explosionen. Eine schwarze Wolke verdunkelt die Sonne. Die Zeichnungen aus dem Alltag der Kinder aus der Flüchtlingsunterkunft Staakener Straße lassen immer wieder Eindrücke von Krieg, Not, Gewalt und Fluchterlebnissen aufblitzen. Gesammelt hängen sie jetzt unter dem Titel „Ein Zuhause ohne Wände“ im Paul-Schneider-Haus.
Entstanden sind die Kinderzeichnungen in Workshops mit Philip Davenport. Ein halbes Jahr lang ist der britische, visuelle Sprachkünstler in die Gemeinschaftsunterkunft gekommen, um die Erlebnisse, Wünsche und Hoffnungen der Kinder in Worte und Bilder zu fassen. Die Idee für seinen Workshop „auf dem wuseligen Flur der Flüchtlingsunterkunft war, die Energie der Kinder auf Papier zu bringen“, sagt Davenport. „Als ich die Kinder langsam kennenlernte, begann ich den Preis ihrer unglaublichen Lebensreise zu verstehen, die sie unternommen hatten, um hier in Berlin Sicherheit zu finden. Sie sind am Leben geblieben, haben aber das Vertrauen verloren.“
Aus Zeichnungen wurden Gedichte
Die meisten Zeichnungen sind von einer „kantigen und aufgewühlten Beschaffenheit“. Gelegentlich attackierten die Kinder das Papier. Manchmal brauchten sie Zeit für ihre Gefühle. „Einer der kleinen Künstler hatte so zittrige Hände, dass seine Zeichnungen beinahe aussahen wie die eines alten Mannes“, beschreibt Davenport. Aus einigen Zeichnungen wurden Postergedichte. Die hat Philip Davenport gemeinsam mit dem jungen syrischen Designer Deya „Nemo“ Tachtibeh erarbeitet. Die Texte sind Fragmente aus Interviews mit den Eltern der Kinder und anderen Erwachsenen aus der Flüchtlingsunterkunft. Die Naivität der Kinderzeichnungen steht dabei gewollt im Kontrast zu den Fragen der Erwachsenen. Philip Davenport: „Scharf und zynisch, und trotzdem kindlich, stellen diese Konversationsstücke zwischen Kindern und Erwachsenen unablässig die Frage: Wo sind wir jetzt?“ uk
Autor:Ulrike Kiefert aus Mitte |
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