Der Ruhestand beendet eine Ära
Nach fast drei Jahrzehnten tritt Gerhard Hanke als Stadtrat ab

Gerhard Hankes lange Amtszeit ist jetzt abgelaufen. | Foto:  Thomas Frey
4Bilder
  • Gerhard Hankes lange Amtszeit ist jetzt abgelaufen.
  • Foto: Thomas Frey
  • hochgeladen von Thomas Frey

In seinem Büro stehen bereits die Umzugskartons. Die Regale sind gelichtet. Neben einigen Büchern und Dokumenten wartet auch eine Uhr auf den Abtransport. Sie zeigt in diesem Moment einige Minuten nach zwölf.

Eine fast symbolische Zeitangabe für das Wirken von Gerhard Hanke (CDU). Im Januar ist er 65 Jahre alt geworden, hätte dann eigentlich in Pension gehen müssen. Nahezu einmütig hatte die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) kurz zuvor seine Amtszeit bis zu den Wahlen und der Neubildung des Bezirksamtes verlängert. Das ist jetzt abgeschlossen, Gerhard Hanke tritt endgültig ab. Nach mehr als 29 Jahren als Stadtrat.

Fast drei Jahrzehnte Mitglied in der Bezirksregierung sind einsamer Rekord in Berlin und wahrscheinlich einer für die Ewigkeit. Gerhard Hanke ist das bewusst, auch wenn er dieses besondere Alleinstellungsmerkmal einzuordnen versucht. Es habe nicht allein an ihm gelegen, dass er so lange amtierte. "Ich brauchte das Vertrauen meiner Partei und wir zusammen das der Wählerinnen und Wähler." Das trug über sieben Wahlperioden, drei Bürgermeister und verschiedene Ressorts, für die Hanke verantwortlich war.

Begonnen hat seine Bezirksamtskarriere im August 1992, als der damals 36-Jährige Stadtrat für, wie das damals noch hieß, Volksbildung wurde. Dazu gehörten die Schulen, die Musikschule, die Volkshochschule und die Bibliotheken. Das Aufgabenfeld sei ihm zunächst nur insofern vertraut gewesen, "dass ich auch mal in der Schule war", erinnert er sich heute. Er habe sich zu Beginn auf das Fachwissen der Mitarbeiter verlassen und dadurch selbst Expertise gewonnen. Und dabei schnell bemerkt, dass er einer öffentlichkeitswirksamen Abteilung vorstehe, bei der sich manches bewegen ließe.

Erfolgsgeschichte Zitadelle

Noch mehr galt das für den Bereich, den er nahezu seine gesamte Amtszeit verantwortet hat und der zu seinem Lieblingskind wurde – die Kultur. Dort hat Stadtrat Hanke auch die meisten Spuren hinterlassen. Was vor allem mit "diesem Bauwerk, ganz in der Nähe" zusammenhängt, so seine Beschreibung der Zitadelle.

Die Festung war zu Beginn seiner Amtszeit zwar keine vergessener Ort, aber eher einer, der von historischen Feinschmeckern oder baugeschichtlich Interessierten besucht wurde. 25 000 Zitadellengäste pro Jahr seien Mitte der 1990er-Jahre gezählt worden. Heute wäre es eine dreiviertel Million, rekapituliert Hanke diese Erfolgszahlen, die er auch gerne bei öffentlichen Auftritten erwähnte.

Unter seiner Ägide wurde die Zitadelle zum Kunstort mit zahlreichen Museen. Auch Theater- oder Musikaufführungen finden in den teilweise neu gestalteten Räumen statt. Ebenso wie nebenan in der reaktivierten Freilichtbühne. Dazu kommt das Citadel Music Festival im Sommer, das – bis zur inzwischen zweimaligen Corona-Zwangspause – die Massen nach Spandau lockte. Es soll, kündigte Hanke an, im kommenden Jahr durch Klassik und Comedy erweitert werden.

Seine Verabschiedung hat, ebenso wie die des bisherigen Bürgermeisters Helmut Kleebank (SPD) ebenfalls auf der Zitadelle stattgefunden. Dass er dabei zum „Ehrenkommandanten“ der Festung ausgerufen wurde, scheint Gerhard Hanke einigermaßen stolz zu machen.

„Freispruch erster Klasse“

Es hat in seinem Stadtratsleben aber nicht nur Erfolge gegeben. Einschneidend war vor gut zehn Jahren eine Affäre, die auf seinen weiteren Werdegang einige Auswirkungen hatte. In Hankes Büro sowie Wohnhaus rückten Polizei und Staatsanwaltsschaft an. Der Vorwurf: Vorteilsnahme im Amt, geäußert durch eine anonyme Anzeige. Es ging zum Beispiel um eine Geburtstagsparty für seine Frau in der Zitadellenschänke, die angeblich zu besonders günstigen Konditionen ausgerichtet wurde. "Es ging insgesamt, glaube ich, um 15 angebliche Delikte", sagt Hanke heute. Um alles mögliche, wohl in der Hoffnung, irgendetwas werde schon hängen bleiben. Er sei zwar überzeugt gewesen, dass er sich keiner Vergehen schuldig gemacht habe, aber wer könne sich da völlig sicher sein. Diese Phase in den Jahren 2010 und 2011 sei schwierig, bedrückend, auch existenzbedrohend gewesen.

Es gab am Ende keine Belege für irgendwelche Unregelmäßigkeiten. Die Staatsanwaltschaft stellte die Ermittlungen ein. Hanke spricht von einem „Freispruch erster Klasse“. Trotzdem lief danach noch ein Disziplinarverfahren weiter, das der damalige Bürgermeister Konrad Birkholz (CDU) gegen ihn angestrengt hatte. Zudem war er in dieser Phase von seinen Aufgaben als Stadtrat für Kultur sowie für Sport suspendiert.

Den 2015 verstorbenen Birkholz und dessen damaligen Rechtsamtsleiter sieht Hanke auch heute noch als Hauptakteure in dieser Angelegenheit. Birkholz habe ihn damals als Bürgermeisternachfolger verhindern wollen. Bei den Wahlen 2011 verzichtete er wegen der Vorwürfe auf eine Kandidatur. Damals kam der bis vor kurzem amtierende Sozialdemokrat Helmut Kleebank ins Amt. Hanke trat dann fünf Jahre später gegen ihn an und verlor. Diese Niederlage habe ihn wirklich geschmerzt. Vor allem auch deshalb, weil die CDU mehrere Sitze in der BVV verlor. Dabei habe er eigentlich nie wirklich nach dem Bürgermeisterposten gestrebt, beteuerte er bei seinem Abschied. Das Amt sei zwar repräsentativ, biete aber wenig Gestaltungsmöglichkeiten. Ganz anders als etwa die Kultur.

Für ein paar Tage Bürgermeister

Auf seinen letzten Metern wurde Gerhard Hanke aber doch noch für wenige Tage Spandauer Bürgermeister. Helmut Kleebank wurde in den Bundestag gewählt. Sein Mandat begann offiziell am 15. Oktober. Parallel dazu konnte er nicht mehr Rathauschef sein. Hanke als bisheriger Stellvertreter übernahm.

Diese Aufgabe endet wie seine Stadtratstätigkeit am 5. November. Er werde an diesem Tag das neu gewählte Bezirksamt empfangen und die Geschäfte übergeben, skizzierte er seinen letzten Termin. Er werde vor allem die neuen Stadträte daran erinnern, dass es leichter sei, in der BVV irgendwelche Forderungen zu stellen, als sie im Amt umzusetzen. Er kennt das ja alles aus langer Erfahrung.

Autor:

Thomas Frey aus Friedrichshain

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

47 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 149× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 132× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 202× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 588× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.