Gehört die AfD auf die Zitadelle? Im Bezirk sieht man hier Diskussionsbedarf

Die Zitadelle Spandau gehört zu den überregional bekannten Bauwerken und Kulturstandorten Berlins. Doch zuletzt geriet sie mehrfach aus anderem Grund in den Focus der Öffentlichkeit: Als Veranstaltungsort der AfD.

Gleich viermal war die AfD im vergangenen Jahr auf der Zitadelle. Es gab einen Landesparteitag, den Wahlkampfauftakt des Spandauer Bezirksverbandes, eine Wahlkampfveranstaltung mit „Mr. Brexit“ Nigel Farage und Beatrix von Storch sowie das Herbstfest der Berliner AfD-Fraktion. Andere Parteien sind da zurückhaltender. Die CDU lädt einmal im Jahr zum Neujahrsempfang auf die Zitadelle, die SPD zum Frühjahrsempfang. Ihre Parteitage oder Wahlkämpfe halten beide im Rathaus oder anderswo ab. Die Räume überlässt das Bezirksamt allen in der BVV vertretenden Parteien übrigens kostenfrei.

Die für überregionale museale Nutzung ausgebaute Zitadelle sollte nicht als Kulisse für Parteipolitik missbraucht werden, findet Karl-Heinz Bannasch, Vorsitzender der Heimatkundlichen Vereinigung. In der Tat wirkte der gemeinsame Auftritt der EU-Gegner AfD und Farage auf der Festung unfreiwillig komisch. Denn die 14 Millionen Euro für die Renovierung der Alten Kaserne und die Präsentation aktueller Kunst kamen unter anderem von der EU.

Grundsätzlich gilt: "Gleiches Recht für alle"

Nun hat das Bezirksamt wenig Handhabe, politische Zusammenkünfte auf der Zitadelle zu verbieten, denn die öffentliche Hand kann einer zugelassenen Partei wie der AfD einen Veranstaltungsraum nicht aus politischen Gründen verwehren. Es gibt außer Bannasch aber zahlreiche Spandauer, die nicht wollen, dass die Zitadelle mit einer Partei in Verbindung gebracht wird, die Parteienrechtler, Extremismusforscher und das Bundesamt für Verfassungsschutz wegen ihrer radikalen Positionen in die ideologische Nähe der Neuen Rechte rücken, die laut Verfassungsschutz beabsichtigt, „den demokratischen Verfassungsstaat zu delegitimieren und das politische System grundlegend zu verändern“. Verbale Proteste von Spandauern sind unter anderem auf der Facebook-Seite der Zitadelle nachzulesen. Auch in der BVV ist die Thematik schon mehrfach angesprochen worden. Über die Vermietung von Veranstaltungsräumen auf der Zitadelle entscheidet das Amt für Weiterbildung und Kultur, bei Parteiveranstaltungen in Rücksprache mit dem zuständigen Kulturstadtrat Gerhard Hanke (CDU). Um parteipolitische Veranstaltungen auf der Zitadelle künftig zu verbieten – wie Bannasch es fordert – müsste das Bezirksamt die Nutzungsbedingungen ändern. Ein solches Verbot würde dann aber für alle Parteien gelten.

BVV-Fraktionen in Spandau sind uneins

Ein zweiter Weg wäre eine Initiative aus der BVV heraus. So könnten die Fraktionen das Bezirksamt auffordern, den Gotischen Saal oder die Italienischen Höfe nur noch begrenzt an Parteien zu vermieten – wenn überhaupt. Die SPD ist solch einer Initiative nicht abgeneigt, will das aber noch diskutieren. Grundsätzlich sollten auf der Zitadelle keine politischen Veranstaltungen stattfinden und insbesondere der AfD möglichst keine öffentlichen Räume überlassen werden, sagt Fraktionschef Christian Haß und verweist auf Hotels oder Kongresszentren. Die CDU sieht keinen Bedarf, „demokratisch legitimierte Parteien in ihrem grundsätzlichen Recht, öffentliche Räume anzumieten, einzuschränken“. Denn Parteien hätten die verfassungsmäßige Pflicht, an der demokratischen Willensbildung mitzuwirken, sagt Fraktionschef Arndt Meißner. Auch die FDP hält wenig von Verboten und würde einem solchen BVV-Beschluss nur zustimmen, wenn SPD, CDU, Grüne und Linke ihn mittragen, so Fraktionschef Matthias Unger. Linke und Grüne würden diese Initiative unterstützen, auch wenn sie rechtlich nicht bindend ist. „Aus unserer Sicht sollten Kulturstandorte, Schulen, Rathaus oder Sehenswürdigkeiten wie die Zitadelle nicht für politische Veranstaltungen genutzt werden, um auch symbolträchtige Wirkungen zu vermeiden“, sagt Grünen-Fraktionschef Oliver Gellert. Die Linken werden deutlicher. „Die Zitadelle ist ein geschichtsträchtiger Ort und sollte nicht als ‚dauerhaftes Parteitagsgebäude‘ vereinnahmt werden“, so Fraktionschef Lars Leschewitz. Vor allem sollten Parteien, die Ressentiments pflegen und positiv auf die NS-Zeit zurückblicken wollen, von einer Nutzung der Zitadelle ausgeschlossen werden.

Der Beitrag wurde von Ulrike Kiefert und Christian Schindler verfasst.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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