Chronik zum 80. Jahrestag der Machtergreifung

Über die Folgen der Naziherrschaft für das Chorleben in Spandau berichtet Horst Steindorf in einer Chronik zum 80. Jahrestag der Machtergreifung. | Foto: Uhde
  • Über die Folgen der Naziherrschaft für das Chorleben in Spandau berichtet Horst Steindorf in einer Chronik zum 80. Jahrestag der Machtergreifung.
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Spandau. Auch für das vielfältige Chorleben der Havelstadt blieb die Machtergreifung der Nationalsozialisten vor 80 Jahren nicht folgenlos. Dies dokumentiert Horst Steindorf, Chronist der "Chorvereinigung Spandau" - mit 154 Jahren der älteste Chors der Havelstadt.

Steindorf greift auf die Chronik des Männergesangvereins "Hoffmann’scher Liederkranz Spandau 1859" zurück, um über den Einfluss der Nazis auf Spandauer Gesangsvereine zu berichten. Diesen Namen trug damals die "Chorvereinigung Spandau". 1933 hatten die "Hoffmänner" noch 180 aktive Sänger, zu Beginn des Zweiten Weltkrieges waren es nur noch 66. Und nach dem Krieg begann die Chorarbeit mit lediglich sieben Überlebenden. "Es ist kaum zu glauben, mit welcher Brutalität Hitler auch die Gesangvereine nicht verschonte", sagt Steindorf. Schon bei der Jahreshauptversammlung der "Hoffmänner" am 20. Januar 1934 sei Haupttagesordnungspunkt ein Vortrag des Kreiskulturwarts der NSDAP über die "Gleichschaltung" des "Hoffmann’schen Liederkranzes" mit den nationalsozialistischen Zielen gewesen. "Bei der Neuwahl der Vereinsführung durften nur noch verantwortliche Männer im Sinne der Aufgaben des Nationalsozialismus, also Parteigenossen gewählt werden", zitiert Steindorf. Vorsitzender wurde damals NSDAP-Mitglied Otto Hille.

Von nun an schrumpfte der Chor. Ende 1934 gehörten ihm noch 160 Sänger an, zwei Jahre später waren es 84. Ein wichtiges Datum für die "Hoffmänner" war der 10. November 1938. Das Archiv der Spandauer Luther-Kirche berichtet, dass damals der Dirigent des Chors, Manfred Langer, fluchtartig Deutschland verließ und in Chile untertauchte. Grund war seine Befürchtung, von den Nazis wegen seiner Nebentätigkeit als Organist in jüdischen Synagogen verhaftet zu werden. Im selben Jahr verließen weitere Sänger den Chor, der Ende 1938 nur noch 66 Aktive verzeichnete.

Im Dezember 1944 berichtete die Spandauer Zeitung über ein folgenschweres Ereignis bei den "Hoffmännern". Für den 10. Dezember kündigte die Zeitung die letzte Übungsstunde des Chors vor dem Ende des Zweiten Weltkriegs an. Schwer traf den "Hoffmann’schen Liederkranze" die Zerstörung seines Vereinsheims "Sawade" an der Schönwalder Straße 98-99 am 28. März 1945 durch einen Bombenangriff. Der Chor verlor dadurch neben seinem riesigen Notenfundus auch das umfangreiche Vereinsarchiv und viele Erinnerungsstücke.

Doch dadurch und auch durch den Tod vieler Chormitglieder auf den Schlachtfeldern ließen sich die letzten verbliebenen Sänger nicht unterkriegen. Nach Kriegsende startete das Vereinsleben mit sieben Mitgliedern neu.

Kontakt zu dem Verein gibt es unter 381 74 48.
Michael Uhde / Ud
Autor:

Michael Uhde aus Spandau

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