Fangt an über Geld zu reden! In Gehaltsverhandlungen nicht unter Wert verkaufen
Die Generation Y, also die zwischen 1980 und 1995 Geborenen, hat doch alles, ist verwöhnt und egoistisch, so meinen viele. Die Untersuchung des Luxembourg LIS-Crossnational Data Center, die der britische Guardian im Frühjahr veröffentlichte, kommt allerdings zu einem anderen Befund über die finanziellen Möglichkeiten der jungen Generation. Ein Grund: Die Gehälter schwächeln.
Die Auswertung ergab, dass die Haushaltseinkommen der 25- bis 29-Jährigen in westlichen Industrienationen wie Deutschland, Großbritannien, den USA oder Frankreich in den zurückliegenden Jahren deutlich unterdurchschnittlich gestiegen sind. In vielen Ländern verdienen die Jungen gar 20 Prozent weniger als ihre Eltern vor 30 Jahren. Das heißt, dass sie relativ zu den Älteren ärmer werden.
In Deutschland sind die Unterschiede noch nicht so gravierend, aber bereits deutlich spürbar. Fünf Prozent Differenz zur Elterngeneration sind es hier. Und das obwohl die Einnahmen der heute 65- bis 69-Jährigen im gleichen Zeitraum um fünf Prozent, die der heute 70- bis 74-Jährigen gar um neun Prozent gestiegen sind. Grundlage für die Studie sind Gehaltszahlen der Jahre 1978 bis 2010.
Das Problem: Nicht nur die Löhne entwickeln sich für junge Arbeitnehmer negativ. Niedrige Zinsen und steigende Lebenshaltungskosten, etwa durch explodierende Miet- und Immobilienpreise, machen den Aufbau von Vermögen schwer möglich. Zudem gilt: Wer weniger verdient, erhält später eine geringere Rente. Und da das Geld für die private Vorsorge fehlt, droht vielen trotz Berufstätigkeit später Alters-armut.
Den Tabubruch wagen, über Geld sprechen
Diese Entwicklungen lassen sich kaum aufhalten oder steuern. Aber, was kann man dann tun? In Deutschland kann man beispielsweise mit einer Tradition brechen und offener über Gehälter sprechen. Denn laut einer Studie der Postbank wird nirgendwo auf der Welt weniger über Geld geredet, als hierzulande. Die Gründe mögen vielfältig sein, die Tatsache schadet aber vor allem den jungen Menschen. Denn mangelnde Kenntnis von Gehältern führt dazu, dass in Gehaltsverhandlungen deutlich zurückhaltendere Lohnvorstellungen geäußert werden. Forscher der Uni Mannheim haben herausgefunden, dass gerade die Summe, die im Gespräch als erste genannt wird, wichtig ist, da sie als Ankerpunkt für die weiteren Verhandlungen diene. Und für eine realistische Einstiegssumme fehlt es der Generation Y an Wissen und Erfahrung.
Gehaltsstatistiken im Internet sind nur bedingt aussagekräftig
Das Internet könnte hier helfen. Dort gibt es eine ganze Reihe von Gehaltsstatistiken. Wie diese zustande kommen und inwieweit sie für die Region in der man arbeitet Aussagekraft besitzen, bleibt unklar. Weiterhin sind die dort genannten Gehaltsspannen teils sehr groß. Woran also orientieren sich jungen Menschen, wenn sie ihre Gehälter verhandeln? Am besten daran, was Kollegen verdienen oder Freunde, die in ähnlichen Branchen tätig sind. In jedem Fall sind offene und ehrliche Gespräche ein guter Anfang, um sich am Ende nicht unter Wert zu verkaufen. Zudem beugen solche Gespräche Versuchen vor, Kollegen finanziell gegen einander auszuspielen.
Wenn deutsche Arbeitnehmer künftig unverkrampfter mit dem Thema Gehalt umgehen und offener darüber sprechen, könnten die 20- bis 35-Jährigen und kommende Generationen enorm profitieren. Eine bessere Entlohnung schafft größere Sicherheit und diese könnte zur Folge haben, dass junge Menschen wieder viel eher Familien gründen. Forscher prognostizieren zudem wachsende Zufriedenheit und einen gestärkten sozialen Zusammenhalt innerhalb der Gesellschaft. asc
Autor:Alexander Schultze aus Spandau |
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