ICE „Volker“ zu Besuch im Südwesten
Laborzug absolviert Testfahrt auf der alten Stammbahntrasse

Ungewöhnlicher Anblick: Ein ICE auf der Strecke der Alten Wannseebahn fährt am S-Bahnhof Nikolassee vorbei. | Foto: Michael Rothe
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  • Ungewöhnlicher Anblick: Ein ICE auf der Strecke der Alten Wannseebahn fährt am S-Bahnhof Nikolassee vorbei.
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Ein ungewöhnlicher Zug war Ende März auf den Gleisen der Stammbahn und der Alten Wannseebahn unterwegs. Es handelte sich um einen Inter City Express, das letzte betriebsfähige Exemplar der Baureihe 605. Passagiere waren allerdings nicht an Bord, denn „Volker“, so der interne Zugname, hatte eine wichtige Testfahrt zu absolvieren.

„Ich glaube, so mancher traute seinen Augen nicht, als er den ICE sah“, sagt Michael Rothe. Der Zehlendorfer ist Vorsitzender des Verkehrspolitischen Informationsvereins (VIV) und war natürlich höchst interessiert daran, was „Volker“ zwischen den Stationen Lichterfelde West und Wannsee zu suchen hatte. Klar, dass er den den Zug fotografierte und auch heraus fand, was es mit der Fahrt auf sich hatte.

Der ICE mit der Nummer 605 017 ist ein Test-Fahrzeug der Deutschen Bahn (DB) und wurde als Advanced TrainLab Anfang Februar in Betrieb genommen. Es handelt sich laut Sabina Jeschke, DB-Vorstand Digitalisierung und Technik, um das schnellste Labor der Welt auf Schienen. Immerhin liegt die Höchstgeschwindigkeit des 107 Meter langen ICE bei 200 km/h.

Schub für die Digitalisierung der Bahn

„Ob Antennen, Sensoren oder Kameratechnik – alle denkbaren Fahrzeug- und IT-Komponenten können wir im Realbetrieb testen und schnell in die praktische Anwendung bringen“, sagt Jeschke. Das rollende Labor werde der Digitalisierung der Bahn einen gewaltigen Schub geben. Zudem sei mit dem Zug der gesamten Branche erstmalig die Möglichkeit geboten, Zukunftstechnologien unabhängig vom normalen Betrieb zu erproben. Durch den diesel-elektrischen Antrieb sei der ICE außerdem im gesamtem Streckennetz der DB einsetzbar, unabhängig von der Stromzuführung über Oberleitungen.

In den Versuchszug, der aus zwei Mittel- und zwei Endwagen besteht, sind drei Mobilfunkantennen für das neue 5G-Netz eingebaut. Reisende können mit dieser Technologie künftig unterbrechungsfrei mobil surfen. In den kommenden Monaten sind mit dem advanced TrainLab Erprobungen im Bereich Sensorik für Objekt- und Hinderniserkennung geplant, ebenso für die Signal- und Umfelderkennung. Auch der Einsatz umweltneutraler Kraftstoffe für Schienenfahrzeuge mit Dieselantrieb sind angedacht.


Stammbahntrasse ist jetzt Teststrecke

Beim Test im Südwesten fuhr der Advanced TrainLab auf der 1874 eröffneten sogenannten Alten Wannseebahn-Strecke zwischen Wannsee und Zehlendorf sowie weiter auf der Stammbahntrasse bis Lichterfelde West. Geprobt wurden Komponenten im Zusammenhang mit autonomem Fahren. So gab es unter anderem Prellbockauffahrten, und auch ein stilisiertes Auto wurde auf das Gleis gestellt. Die Tests verliefen ohne Probleme. Die Fahrten sollen öfter stattfinden, denn laut Tobias Fischer, Technik-Leiter bei der DB, ist der Weg, den „Volker“ zurücklegte, „eine unserer Teststrecken“.

„Eine gute Idee, die Stammbahn für derartige Tests zu nutzen“, sagt Michael Rothe. „Funktionsfähige Infrastruktur, die man gegenwärtig nicht anderweitig verwendet, wird sinnvoll genutzt.“ Seit Sommer 2018 liegt auch das letzte Teilstück zwischen Lichterfelde West und Zehlendorf brach. Zuvor wurde es vom Kunststoffteilerhersteller APCB in der Goerzallee genutzt, der seine Transporte dann auf die Straße verlagerte.

Rothes Wünsche gehen aber weiter, er und sein Verein setzen wie weitere Initiativen, unter anderem der Fahrgastverband IGEB, auf die Reaktivierung der Stammbahn. „Als schnelle Maßnahme könnte die Regionalbahn 33 aus Jüterbog statt bis Wannsee weiter bis Steglitz fahren, das wäre doch ein Statement.“ Ein Vorschlag für den sich auch Alexander Kaczmarek, Konzernbevollmächtigter der Bahn für das Land Berlin, bereits ausgesprochen hatte. Für die Senatsververkehrsverwaltung bisher keine Option. Der finanzielle Aufwand und der Nutzen stünden in keinem vernünftigen Verhältnis, hieß es.

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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