Gewässer brauchen individuelle Pflege
Mehr als jeder vierte Teich im Bezirk ist in keiner offiziellen Liste zu finden

Ein Beispiel für eine künstliche Uferbefestigung ist am Blümelteich im Volkpark Mariendorf zu sehen. | Foto: Schilp
  • Ein Beispiel für eine künstliche Uferbefestigung ist am Blümelteich im Volkpark Mariendorf zu sehen.
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Nach einem aktuellen Report des Bunds für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) ist mehr als die Hälfte der 44 Tempelhof-Schöneberger Kleingewässer in einem mangelhaften Zustand. Viele sind ausgetrocknet oder stark zugewuchert.
Nun fordern die Bündnisgrünen Soforthilfe für den Grüntenteich und den Kleinen Karpfenpfuhl in Mariendorf. Beide Teiche sind Naturdenkmale und liegen nah beieinander in dem Grünzug zwischen Britzer und Grüntenstraße. „Unsere Kleingewässer sind nicht nur wichtige Laichgebiete für Amphibien. Sie wirken sich positiv auf das Stadtklima aus, spielen eine wichtige Rolle für die Naherholung und sind unerlässlicher Bestandteil des Wasserhaushalts. Da können wir Grüntenteich und Kleinen Karpfenpfuhl nicht abschreiben, sondern müssen unverzüglich aktiv werden“, sagt Astrid Bialluch-Liu, umweltpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen.
Ist die Beschreibung des Grüntenteichs im BUND-Report mehr als besorgniserregend (Schilfdominanz, Restwasser), ist sie beim Kleinen Karpfenpfuhl katastrophal. „Trockene Wiese“ lautet das Ergebnis der Besichtigung. Deshalb hat die grüne Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) den Antrag gestellt, die Pfuhle mit Niederschlagswasser zu versorgen, damit sie sich wieder halbwegs füllen. Nur so könnten die tierischen Bewohner gerettet werden.

Masterplan ist noch zu weit weg

Das Grundproblem ist schon länger bekannt. Deshalb gibt es auch einen BVV-Beschluss, ebenfalls von den Bündnisgrünen initiiert, der einen Masterplan zum Schutz von Amphibien und ihrer Lebensräume zum Inhalt hat. „Dieser Plan steht auf dem Arbeitsprogramm des Bezirksamts, aber die Situation spitzt sich dramatisch zu. Das macht vorgezogene Maßnahmen nötig“, so Bialluch-Liu.
Nicht nur in Tempelhof-Schöneberg hat der Bund die Kleingewässer untersucht, sondern auch in Reinickendorf, Marzahn-Hellersdorf und Neukölln. Die Ergebnisse sind überall ernüchternd. Am besten schneidet noch Reinickendorf ab. Hier sind „nur“ rund 46 Prozent der Teiche und Pfuhle in einem schlechten Zustand, das Schlusslicht bildet Marzahn-Hellersdorf mit rund 69 Prozent. In Tempelhof-Schöneberg sind es gut 52 Prozent.
Der BUND kritisiert, dass die Bezirke sich insgesamt zu wenig um ihre Kleingewässer kümmern, selbst dann nicht, wenn sie unter besonderem Schutz stehen. Auffällig in Tempelhof-Schöneberg: Es gibt keinen eigenen Topf für Pflegemaßnahmen.
Während Reinickendorf 50 000 und Neukölln 20 000 Euro im Jahr für ihre Pfuhle, Teiche und Weiher zur Verfügung stellen, existiere dieser Posten in Tempelhof-Schöneberg überhaupt nicht, so die Experten vom BUND. „Ohne eine Reform der finanziellen Zuweisungen an die Bezirke und ihrer Verwendung wird das weitere Verschwinden der Lebensräume von Amphibien nicht aufzuhalten sein“, heißt es im Report.

Unklare Zuständigkeiten

Weiterer Kritikpunkt: Lediglich in Einzelfällen fließe Geld aus grünen Ausgleichsmaßnahmen, die bei großen Bauprojekten fällig werden, in die Wiederherstellung von Gewässern. Zudem seien etliche Teiche gar nicht in der Berliner Gewässerkarte oder in der Liste des Bezirks erfasst, die Zuständigkeiten sind also unklar. Das betrifft in Tempelhof-Schöneberg immerhin zwölf der 44 untersuchten Objekte, zum Beispiel den Waldpfuhl in Lichtenrade-Süd, den Priesterweg-Teich im Kleingartenareal Priesterweg oder den Tauernallee-Teich in Mariendorf.

Nicht nur die seit Jahren währende Trockenheit und mangelnde oder unsachgemäße Pflege setzen den Gewässern zu. Menschen, die Wasservögel füttern, Müll entsorgen oder Fische aussetzen, richten ebenfalls Schaden an. Eindringlinge wie Goldfische oder Kois verdrängen angestammte Arten und fressen Amphibienlaich.

Kartierung erforderlich

Aber auch eine zu intensive Pflege und Uferbefestigungen sind nicht gut für die Biotope, denn Amphibien, Vögel, Insekten und Kleinsäuger brauchen flache Wasserbereiche, Wiesen, Gehölze, Hecken, Steinhaufen und Totholz. Als Negativbeispiel sei der Teich im Franckepark genannt, ein Naturdenkmal. Hier gebe es „permanente Störeinflüsse wegen fehlender Umzäunung, Hundebadestelle, Kita-Besuchen etc.“, schreibt der BUND.

Bei ihren Empfehlungen verweist die Naturschutzorganisation auch auf das „Handbuch gute Pflege“, das die Senatsumweltverwaltung 2016 herausgegeben hat. Danach sei eine Kartierung von Flora und Fauna an jedem Gewässer angezeigt ebenso wie regelmäßige Sichtkontrollen. Nur so könne für alle Gewässer ein individueller Pflegeplan entwickelt werden.

In jedem Fall sollten Wasserzuflüsse in ausreichender Menge und mehr Raum in möglichst geschützten Uferbereichen gewährleistet sein. Eine regelmäßige, behutsame Mahd könne das Schilfwachstum in Grenzen halten. Bei starker Verlandung solle über Entschlammung nachgedacht werden. Diese sei jedoch immer mit der Naturschutzbehörde, vor allem in Hinblick auf streng geschützte Arten, abzuwägen. Uferbefestigungen könnten in vielen Fällen problemlos zurückgebaut werden.

Weitere Empfehlungen: Infotafeln, Fußwege oder Stege zur „Besucherlenkung“, Bepflanzung von Ufern, um ein Betreten zu verhindern. In Gebieten, in denen sehr viele Menschen unterwegs sind, könnten auch Zäune helfen. Sie müssten aber Lücken haben, die Amphibien ein Hindurchschlüpfen möglich machen.

Der Antrag der Bündnisgrünen in der BVV, Soforthilfe für den Grüntenteich und den Kleinen Karpfenpfuhl zu leisten, wird demnächst im Umweltausschuss diskutiert.

Der Kleingewässerreport des Bund ist zu finden unter https://bwurl.de/16dn.

Autor:

Susanne Schilp aus Neukölln

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