Alterstraumatologisches Zentrum ermöglicht Rückkehr in den Alltag
„Wenn ein junger Mensch stürzt, sagt man: Pass ein bisschen besser auf! Wenn ein älterer Mensch stürzt, kann dessen gesamte Lebensplanung beeinflusst werden.“, sagt Thomas Poralla, Ärztlicher Direktor im St.-Joseph-Krankenhaus. Dort gibt es jetzt ein Alterstraumatologisches Zentrum (ATZ), um die Lebensqualität älterer Patienten aufrechtzuerhalten.
Jeder fünfte Sturzpatient – meist durch Unfälle im Verkehr oder im Haushalt – wird pflegebedürftig. Speziell bei älteren Menschen besteht eine erhöhte Gefahr. Knochen und Gelenke sind nicht mehr so stabil, der Heilungsprozess dauert länger und oft gibt es zusätzliche Komplikationen wegen weiterer Erkrankungen. Von einem Moment auf den anderen stehen Angehörige dann vor der schwierigen Frage, über einen dauerhaften Aufenthalt in einem Pflegeheim entscheiden zu müssen. „Das Risiko, dass ältere Menschen nach einem Sturz nicht mehr in ihr altes Leben zurückkehren können, ist uns allen bewusst“, erklärt auch Elke Johnen, Chefärztin der Unfallchirurgie. Rund 800 000 Euro hat sich das St.-Joseph-Krankenhaus das ATZ kosten lassen, um die Erfolgschancen auf eine Rückkehr in den Alltag zu verbessern.
Das ATZ ist eine interdisziplinäre Station. Dort arbeiten Ärzte der Unfallchirurgie und Geriatrie mit Pflegern und sogar ehrenamtlichen Helfern zusammen. Die Patienten, so sieht es das Konzept vor, sollen nicht mehr mehrere Stationen durchlaufen. Stattdessen sollen sie von der Notaufnahme bis zur Entlassung aus dem Krankenhaus auf ein- und derselben Station verbringen. „Das bedeutet weniger Stress für die Patienten. Zudem werden sie die komplette Zeit über vom gleichen Team betreut. So haben sie einen Bezugspunkt, was gerade für Patienten mit Demenz wichtig ist“, erklärt Rahel Eckhardt-Felmberg, Chefärztin der Geriatrie.
In der Praxis sieht das so aus, dass bei einem Sturzpatienten in der Notaufnahme ein schnelles Screening durchgeführt wird. Nach einer möglichen Operation werden die Betroffenen umgehend im ATZ untergebracht. Es gibt insgesamt 17 Betten, verteilt auf drei Einzel- und sieben Zweibettzimmer inklusive Toilette und Dusche. Große Griffe an den Türen und kippbare Vorrichtungen sorgen dafür, dass auch behinderte Menschen alles selbst bedienen können. „Wir wollen, dass sie ihre Selbstständigkeit und Mobilität beibehalten“, erläutert Elke Johnen. Daher sei im ATZ alles auf Eigenaktivität ausgerichtet.
Im Sportraum absolvieren die Patienten zweimal täglich eine halbstündige Einheit zum Kraftaufbau und Muskeltraining. Dafür stehen eine Sprossenwand sowie ein Fahrrad-Ergometer zur Verfügung. Im Küchenbereich sollen die Patienten ihr Frühstück selbst zubereiten. „Sie kochen Kaffee und schmieren sich ihre Brötchen selbst. Sie sollen alles so machen, wie es auch zu Hause wäre. Schließlich ist es auch unser Ziel, dass die Patienten schnellstmöglich wieder in ihr gewohntes Lebensumfeld zurückkehren“, erzählt Eckhardt-Felmberg.
Die ersten zehn Patienten im ATZ wurden bereits im November aufgenommen. Die Rückmeldungen seither seien überaus positiv gewesen, berichten die Ärzte. Oftmals seien Freundschaften zwischen den Patienten entstanden, da sie auf der Station viel Zeit miteinander und nicht abgekapselt in ihren Zimmern verbringen. Im Schnitt dauert ein Aufenthalt drei Wochen. Wenn die Patienten nicht am Rollator, sondern mit gepacktem Koffer in der Hand das Krankenhaus verlassen, hat das ATZ seinen Zweck erfüllt. „Wenn man sich die demografische Entwicklung ansieht, glaube ich, dass es perspektiv gesehen weitere Zentren dieser Art geben muss“, urteilt Gesundheitsstadtrat Oliver Schworck, nachdem er sich selbst einen Eindruck von der Station verschafft hat.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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