Sinnvoll die zusätzliche Zeit nutzen
Tiemo Reim ist einer von vielen Helfern in der Corona-Krise
„Klopapier ist ja jetzt fast eine Trophäe“, sagt Tiemo Reim fröhlich. Zusammen mit einer Packung Küchenrolle steckt er die in diesen Wochen besonders begehrte Ware in einen Jutebeutel. Den Einkauf hat er nicht für sich besorgt, sondern bringt ihn einer älteren Dame in der Manteuffelstraße. Der 22-Jährige ist einer von vielen Menschen, die in der Corona-Krise anderen helfen.
„Wenn ich mal alt bin und keine Familie habe oder meine Kinder weit weg wohnen, hätte ich ja auch gerne Hilfe“, meint er. „Gerade jetzt ist es wichtig, dass die Menschen nicht so ignorant durchs Leben gehen, sondern zusammenhalten.“ Mit dieser Einstellung musste Tiemo Reim, der eine Ausbildung zum Moderator beim Radiosender Energy Berlin absolviert und gelegentlich bei Veranstaltungen als DJ auflegt, daher auch nicht lange überlegen, aktiv zu werden.
Über das Berlin-Portal wurde er auf die bezirklichen Koordinierungsstellen für ehrenamtliche Corona-Hilfe aufmerksam. In Tempelhof-Schöneberg wird diese vom Nachbarschafts- und Selbsthilfezentrum der ufaFabrik zusammen mit dem Ehrenamtsbüro im Bezirksamt und dem Nachbarschaftsheim Schöneberg organisiert. Tiemo Reim registrierte sich und erhielt eine Woche später einen Anruf von Miriam Rausch. Die Leiterin des Familientreffpunkts in der ufaFabrik, bei der alle Hilfsangebote und -gesuche eingehen, stellte den Kontakt zu einer Dame her, die in unmittelbarer Umgebung wohnt. „Sie hat mir gesagt, dass sie selbst auch noch einkaufen geht, aber manches wie Klopapier und Küchenrolle einfach nicht bekommen hat. Das sollte ich für sie besorgen“, erzählt der junge Helfer. Dazu kaufte er noch ein paar Einweghandschuhe. Zum Dank bekam er bei der Übergabe einen Umschlag mit Trinkgeld, Schokoladen-Marienkäfer und handgeschriebenem Zettel: „Ist ja wie Weihnachten! Ich weiß nicht, wie ich Ihnen danken soll!“ Allein wegen dieser netten Geste hat sich das Engagement für Tiemo Reim bereits gelohnt. „Es ist einfach ein schönes Gefühl, dass man anderen Leuten helfen kann“, sagt er. Eigentlich sei es ein tolles Gefühl für beide Seiten.
Der Einkauf ist zunächst eine einmalige Sache. „Das sollte ein paar Wochen reichen.“ Zur Sicherheit hat Reim jedoch seine Rufnummer dagelassen. Sollten über die Koordinierungsstelle weitere Anfragen kommen, würde er sich darum kümmern. Weil er beruflich gerade weniger zu tun hat, sei es für ihn selbstverständlich gewesen, seine Hilfe anzubieten. „Ich hätte mich auch in die Sonne auf den Balkon setzen können, aber ich wollte die Zeit lieber sinnvoll nutzen.“
Seit 2014 ist Tiemo Reim nebenbei beim DRK aktiv, jetzt im Kreisverband Steglitz-Zehlendorf. Zweimal war er für das DRK als Sanitäter beim Musikfestival Lollapalooza im Einsatz. Außerdem erinnert er sich gut daran, wie er ein paar Menschen betreute, die durch einen Wohnungsbrand in Lichterfelde plötzlich obdachlos waren. Aktuell würden wegen Corona viele Pflegeheime um Personalunterstützung bitten. Er ist sicher, dass die gestiegene Hilfsbereitschaft vieler Menschen nach Bewältigung der Krise nicht sofort wieder vorbei sein, sondern anhalten wird. „Es tut sich jetzt was. Ich glaube schon, dass sich die Welt danach ein bisschen verändern wird.“
Die Koordinierungsstelle für Corona-Nachbarschaftshilfe ist Montag bis Freitag 9 bis 18 Uhr, Sonnabend 10 bis 14 Uhr unter Telefon 902 77-60 50/-66 00 zu erreichen. Infos auf https://nusz.de/corona-nachbarschaftshilfe/. Laut Miriam Rausch ist das Angebot besonders bei Menschen, die Hilfe benötigen, noch nicht bekannt genug.
Autor:Philipp Hartmann aus Köpenick |
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