Ausstellung in der Gemäldegalerie nähert sich dem „Phänomen Hieronymus Bosch“

Blick in die Studioausstellung der Gemälde zum "Phänomen Bosch". | Foto: KEN
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Tiergarten. Zwischen den Blockbuster-Ausstellungen „El Siglo de Oro“ und „Die Teheran Sammlung“ zeigen die Gemäldegalerie und das Kupferstichkabinett am Kulturforum eine kleine, feine, anspruchsvolle Studioschau zu Hieronymus Bosch.

Die Ausstellung „Hieronymus Bosch und seine Bildwelt im 16. und 17. Jahrhundert“ wolle aufzeigen, wie das Werk des einzigartigen niederländischen Malers an der Schwelle zur Neuzeit andere Maler in seiner Nachfolge gefesselt habe, hob Michael Eissenhauer, Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin und Direktor der Gemäldegalerie und Skulpturensammlung, bei einem Presserundgang hervor.

Schon bald nach seinem Tod im Jahr 1516 wurden Boschs Bilder voller Fabelwesen und Monster immer wieder kopiert oder nachgeahmt. Hieronymus Bosch aus der in 's-Hertogenbosch ansässigen Künstlerfamilie van Aken sind nur 20 Gemälde und wenige Zeichnungen sicher zugeschrieben worden. Es gibt aber bis zu 400 Kopien. Einer seiner berühmtesten Kopisten ist Lucas Cranach der Ältere.

Mit den Berliner Beständen werde der Versuch unternommen, das „Phänomen Bosch“ zu erläutern, sagte Stephan Kemperdick, Kurator der Ausstellung. Im Mittelpunkt der Präsentation steht die Tafel mit „Johannes auf Patmos“, ein Hauptwerk Boschs und das einzige signierte Gemälde, das die Berliner Sammlungen besitzen. Darum herum gruppieren sich die Bestände der beiden Berliner Museen an Zeichnungen des Meisters, an Kopien nach ihm und an Arbeiten, die von Hieronymus Bosch inspiriert sind, darunter das „Weltgericht“, das Cranach nach dem heute in Wien befindlichen Original anfertigte. Vier der fünf Hauptwerke Hieronymus Boschs seien als First-Class-Kopien zu sehen, so Kurator Kemperdick. Nur ein einziges Bild der Ausstellung ist eine Leihgabe aus einer privaten Sammlung.

Besonders reizvoll ist ein Triptychon der „Versuchung des heiligen Antonius“. Es entstand um 1550 als kleine Variante des berühmten Oeuvres in Lissabon. Die Gemäldegalerie zeigt es erstmals wieder, nachdem es 150 Jahre lang im Depot stand. Der junge angehende Restaurator Bertram Lorenz hat das dreiteilige Bild als Diplomarbeit wieder ansehnlich gemacht und dazu Rahmen nach historischen Vorbildern gebaut. „Die Jungen Kaiser“, die sich für die Alten Meister in Berlin engagieren und deren Mitglied Lorenz ist, haben für die Finanzierung des Vorhabens erfolgreich ein Crowdfunding veranstaltet.

In einem zweiten, benachbarten Raum der Gemäldegalerie werden zum ersten Mal nach 15 Jahren sämtliche Berliner Blätter von Hieronymus Bosch gezeigt. Da die Federzeichnungen sehr lichtempfindlich sind, werden sie jeweils paarweise und abwechselnd für nur wenige Wochen ausgestellt. In Ergänzung dazu sind Zeichnungen und Druckgrafiken aus Boschs Umkreis sowie seiner Nachfolge zu sehen, von Alart du Hameel über Pieter Bruegel bis zu James Ensor.

„Hieronymus Bosch war es bitterernst mit seinen Darstellungen. Er war ein völlig humorfreier Künstler“, betont Experte Stephan Kemperdick. Die heutzutage als drollige Wimmelbilder empfundenen Werke des Niederländers, die im 20. Jahrhundert die Surrealisten und später die Popkultur maßgeblich beeinflusst haben, dienten der Darstellung traditioneller Moralvorstellungen vom christlichen Leben, indem man sich von fleischlichen und sinnlichen Sünden fernzuhalten hatte. Sonst drohte die Hölle. KEN

Die Ausstellung ist bis zum 19. Februar 2017 in der Gemäldegalerie am Kulturforum zu sehen; dienstags, mittwochs und freitags von 10 bis 18 Uhr, donnerstags von 10 bis 20 Uhr, sonnabends und sonntags von 11 bis 18 Uhr, Eintritt: zehn Euro, ermäßigt fünf Euro. Zur Ausstellung ist ein Katalog erschienen. Er kostet im Museum 19,95 Euro, im Buchhandel 24,95 Euro.
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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