Anwohner und Politiker diskutieren weiter über Straßenumbenennung
Wenn von knapp 20 Prozent über 90 Prozent dagegen sind, sind dann die schweigenden 80 Prozent dafür? In der Bezirksverordnetenversammlung wird gerade über die Auslegung der Umfrage unter den Anliegern der Einemstraße diskutiert. Nachdem Tempelhof-Schöneberg im Februar 2012 beschlossen hatte, den Namen des Kriegsministers Karl von Einem (1853-1934) von ihren Straßenschildern zu tilgen, ging in Tiergarten die Diskussion darüber los, ob man mitziehen wolle. Denn die Bezirksgrenze zieht sich mitten durch die Straße zwischen Nollendorf- und Lützowplatz. Von Einem war von zwei Gutachten als "Wegbereiter des Nationalsozialismus" eingeordnet worden, er kämpfte gegen die Sozialdemokratie und forderte die Vernichtung homosexueller Männer.Von den 100 in Tiergarten befragten Anliegern meldeten sich nun seit Dezember 19 zurück. Bis auf zwei waren alle gegen die Umbenennung in Karl-Heinrich-Ulrichs-Straße. Ulrichs (1825-1895) gilt als Vorkämpfer der Homosexuellenbewegung. Florian Schwanhäuser von der CDU-Fraktion will von dem neuen Namen nichts mehr wissen. Seine Fraktion lehne die Umbenennung "nach dem eindeutigen Anwohnervotum" ab. Die Beteiligung von knapp 20 Prozent bezeichnet er als "überraschend hoch." Ganz anders Vera Morgenstern von der SPD-Fraktion. Die Beteiligung zeige auch, dass die Umbenennung bei den anderen 80 Prozent "keinen Befindlichkeitspunkt getroffen" habe. Deutet dies also als schweigende Zustimmung. Auch inhaltlich ist ihre Fraktion weiter für die Umbenennung. Schwanhäuser sieht hingegen "keine ausreichenden Argumente" für die Umbenennung. Schließlich sei von Einem "kein Verbrecher gewesen". Die Fraktion der Grünen ist derweil noch unentschlossen. Fraktionssprecherin Franziska Briest sagt, man sei "tendenziell dafür", wolle sich aber erst noch positionieren. Bezirksverordnete aus Tempelhof-Schöneberg kündigten derweil an, die Umbenennung ihres Straßenabschnitts notfalls auch allein zu realisieren.
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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