„Dich auch grüß ich, belebte Flur“
Stadtführer empfiehlt einen Spaziergang durch den Schillerpark
Meine Stadtführungen sind derzeit nicht möglich. Deshalb möchte ich Ihnen einen Spaziergang empfehlen, den Sie mit Ihren Lieben selbst unternehmen können. Zu entdecken gibt es dabei den Schillerpark.
Das Flugwesen entwickelt sich – bloß nicht mehr in der Umgebung des Schillerparks. Drei Tage vor Friedrich Schillers 261. Geburtstag hob das letzte Flugzeug von Tegel ab. Höchstens der Lärm der Spatzenschwärme stört noch die himmlische Ruhe des Volksparks, den es schon seit 1912 gibt. Auf den Fluren der hügeligen Wurzelberge hatte der Magistrat eine weitläufige Parklandschaft mit offenen Wiesenflächen, lockeren Baumgruppen und leichten Schlittenhängen anlegen lassen. Anders als der ältere und viel kleinere Humboldthain, dessen Spazierwege vor allem zur Naturbetrachtung einluden, sollte der Schillerpark die Städter auch zu Sport und Spiel an der frischen Luft anregen. Galten doch Wedding und Gesundbrunnen als arme Vorstädte, in deren Mietskasernen das Elend wohnte und Krankheiten grassierten.
Die damals hochmoderne Gestaltung des Parks hat sich bis heute als Gartendenkmal erhalten, selbst die Bürgerwiese im Nordwesten und die noch größere Schillerwiese im Südosten sind kaum verändert. 700 Meter lang sollen dort die bis zu sieben Meter hohen Terrassenmauern sein, die sich zum sportlichen Klettern eignen. Ihren militärischen Zweitnamen „Bastion“ hat die Anlage wohl diesen mächtigen Mauern zu verdanken. Die Barfusstraße, die den Park von Anfang an teilt, war schon Jahre zuvor nach dem Generalfeldmarschall Johann Albrecht Reichsgraf von Barfus benannt worden, der in Ungarn und vor Wien seine Truppen gegen die Türken geführt hatte und zuletzt Festungskommandant von Spandau war.
Das Schillerdenkmal wurde 1941 als Replik des vom Gendarmenmarkt entfernten Marmor-Originals aufgestellt. Wussten Sie, dass die Bronze auch an AEG-Gründer Emil und dessen Sohn und Nachfolger Walter Rathenau erinnert, der als Außenminister 1922 ermordet wurde? Denn das Denkmal für Weddings berühmteste Unternehmer im Volkspark Rehberge wurde von den Nazis gestürzt und die Bronze zum Guss für „den Schiller“ verwendet.
An der Bristolstraße leuchten die roten Klinkerfassaden der Weddinger Schillerparksiedlung hinter dem Grün hervor – Drei- und Viergeschosser mit gerade einmal 300 Wohnungen. Doch es waren 1924 die allerersten Zeilenwohnblöcke Berlins, damals heftig angefeindet – wegen ihrer Flachdächer, heißt es, aber wohl vor allem, weil sie erstmals außerhalb des Privatbaus von Genossenschaften errichtet und verwaltet wurden. Nach Kriegsschäden ist die Siedlung um 1950 wieder aufgebaut, dann erweitert worden, alles steht unter Denkmalsschutz. Es ist spannend, Originaldetails aus den Zwanzigern und den Fünfzigern etwa an Haustüren zu entdecken und miteinander zu vergleichen. „Ich will hier keine Armeleutekunst“, soll der Architekt der Siedlung Bruno Taut gesagt haben, und so ist manches aufwendiger geraten als bei späteren Großsiedlungen.
Zu erreichen ist die Nordwestseite des Schillerparks mit der U-Bahnlinie U6 bis Bahnhof Rehberge und dann fünf Minuten zu Fuß durch die Schöningstraße, die Südostseite (Schillerdenkmal) mit dem Bus 128 bis Bristolstraße.
Autor:Bernd S. Meyer aus Mitte |
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