Kampf um die Kinderfarm: Bezirk kündigt Trägerverein der Kinderfarm
Siggi Kühbauer sitzt in seinem kleinen Büro, ganz entspannt und mit einem Lächeln im Gesicht. Draußen sind Eltern mit ihren Kindern, die auf Ponys reiten wollen. Weiter hinten misten Mädchen die Ziegenställe aus. Ein Tag wie jeder andere auf der Kinderfarm, ein Großstadtidyll mit über 60 Tieren. "Wir machen weiter wie immer. Es gab in den 33 Jahren nie einen Schließtag", sagt der Leiter der Kinderfarm. Kühbauer ist ein Kämpfer für Kinder- und Jugendrechte; seit 20 Jahren pocht er auf die Einhaltung der Gesetze. Obwohl laut Jugendhilfegesetz zehn Prozent des Jugendhilfeetats für die Jugendarbeit ausgegeben werden müssen, sind es in Berlin nur etwa vier Prozent. "Ein klarer Rechtsbruch", wie auch Florian Schwanhäußer, Vorsitzender des Jugendhilfeausschusses (JHA), sagt.
Kühbauer wird nicht müde, diesen Rechtsbruch anzuprangern. Er ist unbequem. Schwanhäußer und Smentek sprechen auch von wüsten Beleidigungen und "kruden Vermischungen verschiedener Sachen", so der JHA-Chef. Jetzt hat die Jugendstadträtin die Nase voll und den Trägerverein aufgefordert, das Gelände zu räumen. Die Förderung, bisher knapp 200 000 Euro jährlich, wurde zum 31. März eingestellt. Begründung: Der Kinderfarm-Verein hat seit zwei Jahren trotz mehrfacher Fristverlängerungen notwendige Abrechnungen und Berichte nicht erbracht. Kühbauer sagt, der Kassenwart habe keine Zeit gehabt, "weil er sich wegen der Ukraine-Krise in der Friedensarbeit engagiert". Die Auflagen des Jugendamtes empfindet er als "Schikane". Es ist viel Trotz dabei; Kühbauer will sich anlegen. Gegen den Rückforderungsbescheid der 2013-er Gelder hat der Verein geklagt. Das Gericht hat einen Gütetermin vorgeschlagen. Kühbauer würde dem zustimmen. Wie Sabine Smentek jetzt im JHA sagte, ist auch das Jugendamt einverstanden.
Wie es weitergeht, ist völlig offen. Smentek will den Verein loswerden und einen neuen Träger installieren, der die Kinderfarm weiterbetreibt. Die Ausschreibung läuft, im Sommer sollen Neue übernehmen. Das wird nicht ganz so einfach gehen. Die vielen Tiere gehören dem Weddinger Kinderfarm e.V. Und die Gebäude? Kühbauer sagt, der Senat, der das Projekt jahrelang als Sonderprojekt gefördert hat, habe 2003 die Ställe und Holzhäuser dem Verein zugesprochen. Der Bezirk wolle seit zwölf Jahren eine Nutzungsvereinbarung mit dem Trägerverein schließen, aus der hervorgeht, dass alles dem Bezirk gehört. Kühbauer hat den Vertrag bis heute nicht unterzeichnet.
Dass er sich angreifbar macht, weil er die geforderten Abrechnungen nicht ans Jugendamt schickt, quittiert der 65-Jährige mit einem Lächeln. Seine Sturheit ist Teil der Strategie. Wenn der Konflikt eskaliert, werden Gerichte entscheiden müssen. Gegen den "Versuch der Enteignung" wird sich der streitbare Kinderfarm-Chef mit allen Mitteln zur Wehr setzen. "Wir warten seit vielen Jahren auf die Klärung der Eigentumsfrage", so Kühbauer. Der Kampf um die Kinderfarm hat gerade erst begonnen. Und Siggi Kühbauer wird so schnell nicht aufgeben.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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