Krematorium Wedding wird zum Kunst-Campus
In Wedding gibt es einige besondere Orte, in denen Kreative arbeiten und wo zeitgenössische Kunst präsentiert wird. Die frühere Druckmaschinenfabrik Rotaprint zum Beispiel, die ehemalige Omnibus-Zentralwerkstatt der BVG (heute Uferhallen) oder das vor Jahren geschlossenen Stadtbad Wedding, das heute Stattbad Wedding heißt und dessen Betreiber internationale Künstler in den leeren Becken abgefahrene Sachen machen lassen. Mit dem imposanten Krematorium Wedding kommt jetzt ein weiterer exklusiver Kunstort dazu. Frank Duske und Jörg Heitmann haben das 1910 errichtete Gebäude zwischen Gerichts- und Plantagenstraße vom Liegenschaftsfonds (Lifo) gekauft und entwickeln das 2002 stillgelegte Krematorium zum "silent green Kulturquartier". Arbeiter sanieren derzeit denkmalgerecht die Seitenflügel, in denen bis vor kurzem hunderte Kolumbarien standen. Fünf Büros für kreative Unternehmen wie Webdesigner oder Modelagenturen werden hier im nächsten Jahr einziehen. Im repräsentativen Hauptgebäude mit der imposanten Osthalle und der 18 Meter hohen Kuppel, das ebenfalls komplett saniert wird, sollen Ausstellungen oder Konzerte stattfinden. Die drei Öfen unter der Feierhalle, zu denen die Särge per Fahrstuhl nach dem Abschiednehmen gebracht wurden, sind gerade abgerissen worden.
Die Westhalle an der Plantagenstraße neben dem großen Schornstein haben die Chefs der silent green Kulturquartier GmbH an den österreichischen Galeristen Patrick Ebensperger verkauft. Nach mehrmonatigen Umbau eröffnet er in dem beeindruckenden Sakralbau mit Fenstern und hoher Decke im gotischen Stil aus den 1930-er Jahren am 21. September seine neue Galerie. Auf 1000 Quadratmeter Ausstellungsfläche auf mehreren Ebenen zeigen international bekannte Künstler zeitgenössische Kunst von Malerei bis Videoinstallationen. Die 14 Künstler haben ihre Werke zum Teil speziell für die neuen Räume konzipiert und deren besondere Architektur aufgegriffen.
Eine weitere Galerie könnte zukünftig auch in der 1300 Quadratmeter großen Parentationshalle entstehen. Die über sechs Meter hohe Halle mit Säulen liegt unterirdisch unter dem Vorgarten zwischen Gerichtsstraße und Krematorium. In der 2002 fertig gewordenen und nie benutzten Leichenhalle ohne Tageslicht war Platz für hunderte Tote. Die Halle war für den Katastrophenfall dimensioniert, wie zum Beispiel ansteckende Seuchen oder ein Flugzeugabsturz. "Ateliers, Ausstellungen oder auch ein Archiv, alles ist hier denkbar", sagt silent green-Geschäftsführer Frank Duske. Noch gibt es für die Leichenhalle keinen Interessenten. "Aber wir haben keinen Zeitdruck", so Duske.
Autor:Dirk Jericho aus Mitte |
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