Mundschutz in Heimarbeit
Zwei Nachbarinnen produzierten bis heute über 300 Masken aus alter Bettwäsche und Tischdecken

udrun Eidtner an ihrer Veritas-Nähmaschine. Mit ihr hat sie bereits über 300 Gesichtsmasken genäht. | Foto: Bernd Wähner
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  • udrun Eidtner an ihrer Veritas-Nähmaschine. Mit ihr hat sie bereits über 300 Gesichtsmasken genäht.
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Gesichtsmasken sind leider immer noch Mangelware. Zurzeit gibt es sie nur selten in Läden oder Apotheken zu kaufen. Das brachte zwei Nachbarinnen aus Weißensee auf die Idee, selbst welche zu nähen. Nicht um sie zu verkaufen, sondern um sie anderen Menschen zu spenden.

Selbst genähte Gesichtsmasken schützen zwar nicht einen selbst vor einer Corona-Infektion, sie schützen aber die Mitmenschen. „Als wir mitbekamen, dass es solche Gesichtsmasken schwer zu kaufen gibt, haben meine Nachbarin und ich uns im Internet umgesehen“, berichtet Gudrun Eidtner. „Wir fanden Anleitungen, was man alles an Material braucht, wie der Schnitt sein sollte und wie alles zusammenzunähen ist.“ Die Nachbarin, mit der Gudrun Eidtner inzwischen Gesichtsmasken herstellt, ist Silka Bernau. „Als wir dann die erste Maske nach den vorgegeben Maßen herstellten, merkten wir recht schnell: Wir müssen noch mal nachjustieren. Deshalb orientieren wir uns jetzt an unseren eigenen Messungen“, sagt diese. Die nächsten Versuche klappten dann perfekt und inzwischen haben die beiden Weißenseerinnen ihre eigene Technologie für die Maskenherstellung entwickelt. Silka Bernau schneidet in der Küche von Gudrun Eidtner den Stoff und Bänder zu, diese näht dann alles zusammen und ihre Nachbarin bügelt die Masken so, dass alle Falten perfekt liegen.

„Das nötige Material haben wir fast alles zu Hause“, berichtet Gudrun Eidtner. „Wir verwenden als Stoff nicht mehr benötigte Baumwollbettwäsche und Damasttischdecken. Außerdem benutzen wir handelsüblichen Schlüpfer-Gummi und Streifen von Aktendullis.“ Aus all dem entstehen Gesichtsmasken mit einer Außenhaut und zwei Innenschichten, in die bei Bedarf noch Filter eingelegt werden können.

Anfang April begannen die Nachbarinnen mit ihrer heimischen Produktion. „Ich bin ganz froh, dass wir diese Beschäftigung gefunden haben“, sagt Gudrun Eidtner. Die frühere Finanzbeamtin ist 67 Jahre alt. „Meine Tochter meinte, dass ich zur Risikogruppe gehöre und am besten nicht mehr aus dem Haus gehen soll. Aber jetzt habe ich eine Beschäftigung, sodass mir die Decke nicht auf den Kopf fällt. Und mit meiner Nachbarin habe ich immer viel Spaß.“ Auch Silke Bernau ist froh über die neu gefundene Beschäftigung. „Ich bin selbstständige Taxifahrerin“, sagt die 54-Jährige. „Seit einigen Wochen fahre ich nicht mehr, weil es sich einfach auch nicht lohnen würde. Zu DDR-Zeiten arbeitete ich in einer Autosattlerei. Also das Zuschneiden und Nähen ist für mich auch nichts Neues.“ Außerdem erhalten sie sich dadurch ihre Tagesstruktur. „Wir fangen morgens um 9 Uhr an. Gegen 13 Uhr ist Mittagspause, und danach geht es bis 18 Uhr weiter“, so Gudrun Eidtner. Und ihre Nachbarin ergänzt: „Und zum Feierabend gönnen wir uns als Belohnung ein Gläschen Sekt.“

Aber nicht jeden Tag läuft die heimische Produktion rund. So gab bereits nach kurzer Zeit Gudrun Eidtners Nähmaschine ihren Geist auf. „Daraufhin habe ich mit meiner alten Veritas-Nähmaschine aus dem Jahr 1960 weitergearbeitet. Und als auch die nicht mehr richtig wollte, stellte uns die Schwester meiner Nachbarin ihre alte Veritas zur Verfügung. Mit der läuft das Nähen jetzt wie am Schnürchen.“ Trotz dieser technischen Pannen blieben die beiden Frauen gelassen. „Uns drängt ja keiner“, sagt Silka Bernau und lächelt.

Aber was passiert mit all den Geschichtsmasken? „Die verschenken wir an Menschen, die sie dringend gebrauchen können“, sagt Gudrun Eidtner. Die ersten 70 Masken gingen zum Beispiel an das Seniorenpflegeheim an der Gürtelstraße. Weitere über 100 bekam die gemeinnützige stützrad GmbH. Deren Mitarbeiter kümmern sich um Kinder und Familien mit Problemen. „Außerdem erhielten alle älteren Leute aus unserem Wohnblock Gesichtsmasken. Weitere gingen an Physiotherapeuten, den Hausarzt, Freunde und Bekannte. Und von allen bekamen wir bisher durchweg positive Reaktionen und ein Dankeschön.“

Über 300 Gesichtsmasken haben die beiden Nachbarinnen bisher genäht. Und jede ist ein echtes Unikat. Verschenkt werden konnten die Masken bisher, weil auf nicht mehr benötigte Bettwäsche und Tischdecken der eigenen Familien zurückgegriffen werden konnte. Doch der Vorrat geht allmählich zur Neige. Wer also Baumwollbettwäsche und Tischdecken, die ab 60 Grad gewaschen werden können, nicht mehr benötigt, kann sich gern bei Silka Bernau unter ¿0172 181 00 54 melden.

Autor:

Bernd Wähner aus Pankow

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