Der Verein Kontakte-Kontakty hilft ehemaligen Kriegsgefangenen und Kindern
Der Brief ist neu, der Absender alt. Sehr alt. Wassilij Stepanowitsch Schinkar gehört zu jenen Opfern, für die der Deutsche Bundestag im Jahr 2000 "keine Leistungsberechtigung" sah. Jenen Menschen, die zur zweitgrößten Gruppe von Opfern des Nationalsozialismus gehören: den 5,7 Millionen sowjetischen Kriegsgefangenen des Zweiten Weltkrieges. Über drei Millionen starben, der Rest überlebte oft stark traumatisiert.
Jeden Freitag liest man solche und ähnliche Sätze. Öffentlich im Netz unter www.freitagsbriefe.de. Rund 6000 Briefe von Überlebenden haben den Verein Kontakte-Kontakty bisher erreicht. Immer berichten sie von unglaublichem Leid, vom Tod und desaströsen Verhältnissen während der Gefangenschaft. Manche Absender hat Projektleiter Eberhard Radczuweit persönlich besucht. 300 Euro hat er für jeden im Portemonnaie. Eine kleine symbolische Summe, die Ausdruck des Schams über begangenes Unrecht und ein Zeichen des Respekts ist. Das Geld stammt aus Spenden von Bürgern, darunter auch von früheren deutschen Soldaten, die etwas zur Versöhnung beitragen wollen. In der Regel erreicht das Geld die ehemaligen Rotarmisten und Briefeschreiber über eine Bank.
2003 hatte Radczuweit von den abgelehnten Anträgen, die bei der Bundesstiftung Erinnerung, Verantwortung und Zukunft gestellt wurden, erfahren. Seither recherchiert der Verein mit einem Netzwerk ehrenamtlicher Helfer Lebensläufe und deren Glaubwürdigkeit. Dann überweist er das Geld. "Irgendwann werden diese letzten Überlebenden gestorben sein, dann sind nur noch diese Briefe lebendige Zeitzeugnisse", sagt Radczuweit.
70 Jahre nach Kriegsende gibt es für den Verein noch viel zu tun. Am 9. Mai zum Beispiel. An diesem Tag sollen um 14 Uhr vor dem Sowjetischen Ehrenmal in Tiergarten von möglichst vielen Berlinerinnen und Berlinern Blumen niedergelegt werden ( www.berlin-feiert-die-befreiung.de).
Die zweite große Aufgabe des Vereins besteht in der Partnerschaft mit leukämiekranken Kindern in Russland und Belarus. Als sich der Verein im Januar 1990 gründete, waren die gesundheitlichen Langzeitfolgen von Tschernobyl bereits offensichtlich. Der Verein lud Ärzte und leukämiekranke Kinder nach Berlin ein. Kontakte-Kontakty förderte den Kontakt und Austausch des Berliner Kinderonkologen Prof. Dr. Günter Henze mit russischen Kinderärzten und Wissenschaftlern. Was vor einem Vierteljahrhundert als humanitäre Hilfe begann, ist zu einem international bekannten Therapieschema mit dem Namen Moskau-Berlin-Protokoll gewachsen. Rund 6000 leukämiekranken Kindern wurde geholfen.
Trotz der Arbeit vieler Ehrenamtlicher, der Spenden und der Nutzung von Stiftungsgeldern arbeitet der für sein Engagement mit der Carl-von-Ossietzky-Medaille ausgezeichnete Verein immer am Limit.
Autor:Sab Ka aus Pankow |
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