Resolution des Bezirks gegen ICC als Mega-Einkaufszentrum
Vom größten Kongresszentrum Europas als Raumschiff zu sprechen - ein gern gebrauchter und fast schon abgegriffener Vergleich. Seit dem Tag der Stilllegung des ICC am 10. April geistert nun ein neuer Begriff durch Zeitungen und Besprechungszimmer: "Shoppingmall-Ufo".
Diese Wortschöpfung Reinhard Naumanns scheint all das zu verkörpern, wovor man sich in seinem Bezirk fürchtet. Das Fremdartige und Deplatzierte einer gigantischen Immobilie, die irgendwann als reine Einkaufswelt aus dem nun begonnenen Ruhezustand erwachen könnte.
Denn allen Investoren, die sich an der Sanierung des 80 Säle fassenden Trumms beteiligen wollen, scheint eine möglichst starker Schwerpunkt auf Shopping vorzuschweben. Von bis zu 50 000 Quadratmeter Handelsfläche ist die Rede - ein Raum zweimal so groß wie der Potsdamer Platz.
"Die maximale Verwertung bei völliger Entkernung", also das "Ufo", ist das schlimmste Szenario, das sich Naumann und Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD) vorstellen können. Es gibt laut Gesprächen mit Staatssekretär Henner Bunde noch vier andere, die sich umso mehr von der kostendeckenden Sanierung entfernen, desto weniger Handelsfläche im Spiel ist. Ein Neustart als reines Kongresszentrum erzeugt dabei das größte Defizit. Als wahrscheinlich gilt folglich ein Nutzungsmix mit Hotellerie und Handel.
Wobei letzterer aus Sicht der Bezirksverordneten eine möglichst untergeordnete Rolle spielen soll. Einstimmig verabschiedete die BVV eine entsprechende Resolution gegen das ICC als Mega-Mall. In wiefern dieses Signal beim Senat Berücksichtigung findet, bleibt abzuwarten. Entschieden wird in jedem Fall hier.
Da ein "Shopping-Ufo" in höchstem Maße Kaufkraft von bestehenden Angeboten abziehen würde, hat der Schutz von Einkaufsmeilen wie der Wilmersdorfer Straße, Kantstraße, des Kaiserdamms, der Westfälischen Straße oder der Reichsstraße im Bezirk höchste Priorität. Lieber solle der Senat die Deckelung seines Eigenanteils an der Sanierung von 200 Millionen Euro überdenken, als hier Insolvenzen und vielleicht sogar den Niedergang der Wilmersdorfer Arcaden zu riskieren - so die Ansicht Naumanns.
"Das ICC ist als Kongresszentrum eine starke Marke. Und die sollten wir weiterentwickeln", glaubt der Bürgermeister. Und Stadtrat Schulte kritisiert, dass der Senat bei seinen Verhandlungen das ICC betrachtet habe, als stünde es allein auf weiter Flur. Er sieht eine städtebauliche Linse bis hin zum Güterbahnhof Grunewald, die man mit einem klugen Konzept für Wohnbebauung öffnen könnte - "mit dem ICC als Brückenkopf für das Areal".
Während die Überlegungen weiterlaufen, wird das Gebäude vor Vandalismus geschützt und dann ungenutzt der Dinge harren, die da kommen. Eine gewisse Eile bei der Entscheidung dürfte geboten sein. Immerhin kostet allein das "Stilllegungsmanagement" bis zu vier Millionen Euro im Jahr.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.