Ein ganz besonderer Titel
Poelchau-Schülerinnen engagieren sich vorbildlich

Lehrerin Theresa Zilles, Lea Schönefeld und Hannah Kaline freuen sich über den Titel, der ausnahmsweise einmal nicht mit Trainingsfleiß und Muskelkraft errungen wurde.  | Foto: Matthias Vogel
  • Lehrerin Theresa Zilles, Lea Schönefeld und Hannah Kaline freuen sich über den Titel, der ausnahmsweise einmal nicht mit Trainingsfleiß und Muskelkraft errungen wurde.
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Die Poelchau-Schule ist als Sportschule prall gefüllte Pokal-Vitrinen und mit Siegerurkunden gepflasterte Wände gewohnt. Seit gut zwei Jahren trägt sie aber auch einen außergewöhnlichen Titel: „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“.

Das ist vor allem der zwischenmenschlichen Athletik der beiden Schülerinnen Hannah Kaline und Lea Schönefeld sowie ihrer Lehrerin Theresa Zilles geschuldet. Nelson hieß der ehemalige Schüler dunklerer Hautfarbe, der den Vorschlag einbrachte, sich für das 1995 vom Verein Aktion Courage ins Leben gerufene und bundesweit koordinierte Projekt zu bewerben. Theresa Zilles, Kunst- und Deutschlehrerin an der Oberschule im Olympiapark, vermutet hinter Nelsons Antriebsfeder schlechte Erfahrungen mit Diskriminierung im privaten Umfeld. Denn an der Schule selbst gebe es seit jeher keine größeren Probleme damit. „Ich denke, weil Sport einfach verbindet.“

Vorgeschlagen, von Schulleiter Matthias-Carsten Rösner für gut befunden, getan. Zilles und ihre beiden Schülerinnen hatten schon bei einem früheren Projekt zusammengearbeitet. Hannah, 16 Jahre alt, und Lea, 15, gibt es als Team sogar schon seit Kindergarten- und Grundschultagen. „Wir haben uns schon damals immer engagiert“, erinnern sich die beiden und feixen. „So hat sich das ergeben“, ergänzt Zilles. Seit zwei Jahren machen sich die drei enorm stark dafür, den Anforderungen des Gütesiegels gerecht zu werden – und zwar über die Grenzen der Probleme hinaus, die allein das Zusammenleben von Schülern unterschiedlicher Herkunft und Kulturen mit sich bringt. Für ein bunteres Miteinander und gegen Homophobie verteilten sie am Nollendorfplatz Blumensamen und schnitten im Roten Rathaus mit die Regenbogen-Torte an, sie organisierten einen Spendenlauf gegen Rassismus, sammelten Spielzeug für Bedürftige oder beim Sommerfest Geld für ein Waisenhaus, machten aus dem Ethikunterricht eine Spiel- und Sportstunde mit Flüchtlingen in der Turnhalle.

Kampf gegen Mobbing
und Ausgrenzung

Die nächsten Aktivitäten stehen schon vor der Tür: Das alljährliche „Weihnachten aus dem Schuhkarton“ muss auf den Weg gebracht werden, eine Sport-Olympiade für Senioren steht in den Startlöchern. Überall dort, wo geholfen und gegen Ausgrenzung, Mobbing, Cyber-Mobbing oder Diskriminierung mobil gemacht werden kann, scheint das Trio zur Stelle zu sein.

Mindestens 70 Prozent der Schüler und Lehrer mussten mit ihrer Unterschrift dem Projekt zustimmen – eine Bedingung für die Auszeichnung. „Da lagen wir weit drüber, das war gar kein Problem“, sagt Zilles. Die erforderlichen Paten fand man in den Reihen ehemaliger Schüler: Olympionikin Annika Schleu, Moderne Fünfkämpferin und Maurice Jüngling, Wasserballer bei den Spandauer Wasserfreunden 04.

Berlinweite Treffen als Inspiration

Aber der bundesweiten Initiative geht es vor allem um Nachhaltigkeit und auch das haben Hannah und Lea bereits verinnerlicht. „Es gilt ja, diesen Titel zu verteidigen. Die Schule verändert sich durch Zu- und Abgänge jedes Jahr. Es müssen wieder Unterschriften gesammelt werden“, sagt Hannah, die demnächst für das Amt der Schulsprecherin kandidiert. Anregungen für ihre „Arbeit“ holen sich die beiden Schülerinnen bei den Aktiven-Treffen der Courage-Schulen, einmal im Winter und einmal im Frühjahr. „Die Workshops und der Austausch mit den anderen Schulen sind wirklich inspirierend. Wir bekommen dort auch Informationen an die Hand, die wir dann an unsere Schule tragen“, sagt Lea. Dort hat sie auch mitbekommen, dass das Miteinander nicht an jeder Schule so reibungslos funktioniert, wie an ihrer. „Was man da zum Teil hört, macht einen echt traurig.“

Theresa Zilles hält die Beteiligung an dem Projekt auch für die Persönlichkeitsbildung der Poelchau-Schüler für wichtig. „Viele konzentrieren sich ab der Oberstufe auf ihr Abitur, stellen den Sport zurück. Durch ‚Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage‘ beispielsweise sehen sie, dass es auch noch etwas anderes gibt. Das ist gut.“ Hannah und Lea sind auch deshalb mit Freude bei der Sache, weil sie die Interaktion mit den Menschen lieben. „Wir kriegen viel Lob. Das macht Spaß.“ Weil es ja recht rund läuft an ihrer Schule, wüssten sie nicht genau, welche Auswirkungen ihr Engagement auf den Schulalltag hat. Aber Hannah ist sich sicher: „Wenn bezüglich Diskriminierung etwas vorfällt, wird das noch im Klassenzimmer im Keim erstickt.“ Türken, Araber, Afrikaner, Deutsche und Schüler vieler anderer Nationalitäten verfolgen an der Poelchau-Schule offenbar in gegenseitigem Respekt und Wohlwollen ihre schulischen und sportlichen Ziele. Das Siegel trägt dazu bei, dass es so bleibt. „Jetzt müssen wir nur noch zusehen, dass wir die Spandauer integrieren“, sagt Theresa Zilles und alle drei müssen lachen. Die Lehrerin macht sich sogleich über jeden Diskriminierungs-Verdacht erhaben: „Wir dürfen das sagen, wir sind selber welche.“

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

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