Hertha BSC plant eigene Arena neben dem Olympiastadion
Westend. Dunkle Wolken über einem Wahrzeichen Berlins: Hertha BSC will dem Olympiastadion den Rücken kehren und mit eigenem Geld eine neue Spielstätte errichten. Droht dem Herzstück des Olympiaparks ein ähnliches Schicksal wie seinem Gegenstück in München?
Zu groß, zu monumental, zu fremd. Vereinsfußball im Olympiastadion auszurichten, ist eine Vorstellung, von der Berlin Abschied nehmen muss – geht es nach dem Willen von Hertha BSC. Gemäß einer neuen Standortanalyse will der Berliner Traditionsclub ein eigenes Stadion bauen. Eine kompakte Arena, die sich mit 55.000 Plätzen regelmäßig auslasten lässt. Im Gegensatz zum gewaltigen Sport- und Baudenkmal von 1936, wo im Schnitt ein Drittel der Sitzschalen leer bleibt.
Fans sollen den Rasen riechen
„Steil, nah, laut“ – so heißt das Leitbild der Analyse. Und aus über 50 möglichen Standorten für den Neubau in und um Berlin filterte Hertha nun einen Favoriten heraus: die Fläche oberhalb des jetzigen Hockeygeländes und unterhalb der Hanns-Braun-Straße. Hier stehen der Vision keine Denkmäler im Weg – und die Infrastruktur des Olympiastadions wäre weiterhin nutzbar.
Zwar käme als einzige Alternative auch ein Neuanfang auf der grünen Wiese im Brandenburgpark Ludwigsfelde in Frage. Aber eine neue Spielstätte in der Nähe der alten sei „eindeutiger Wunsch einer Mehrheit der regelmäßigen Stadionbesucher“, stellte Hertha-Präsident Werner Gegenbauer bei der Präsentation der Analyse klar. „Wir empfinden ein neues Fußballstadion mit einem anderen Stadionerlebnis auch unter den Aspekten der Wirtschaftlichkeit als unerlässlich“, zeigte sich Geschäftsführer Michael Preetz bereits fest entschlossen. „Es ist der klare Wunsch, ab 2025 in einer neuen Fußballarena zu spielen.“ Das Nachdenken über einen Neubau nannte Preetz einen Akt der Zukunftssicherung. „Fans sollen den Rasen riechen“, heißt es im Online-Werbevideo, das Anhänger und Skeptiker überzeugen soll. Bislang ist der Rasen zu fern, um direkte Witterung aufzunehmen zum Spielgeschehen.
Was wird aus dem Olympiastadion?
In dem Moment, wenn Hertha und das Olympiastadion nicht mehr zusammengehören, steht hinter den Aussichten für die Sportanlage aus dem Jahre 1936 ein Fragezeichen. Und erste Antworten aus der Politik fallen zurückhaltend aus. So rang sich Sportsenator Andreas Geisel (SPD) die Bemerkung ab, man sei mit Hertha BSC „in guten Gesprächen“. „Das Olympiastadion steht für Hertha zur Verfügung zu einem fairen Mietpreis“, lobte er die jetzige Situation. „Aber es ist wohl wahr, dass andere Vereine modernere Stadien haben.“ Zugleich rückte Geisel die wegfallenden Mieteinnahmen für das landeseigene Olympiastadion in den Blick und sprach von drohenden Millionenverlusten. Einen Umbau des jetzigen Stadions nannte er als möglichen Kompromiss. Und das Schicksal des verödendes Münchener Olympiastadions als warnendes Beispiel.
Dennoch: Es wird nach dem Entschluss von Hertha Sache des Senats sein, entweder die neue Baufläche über dem Hockeystadion freizugeben – oder im Falle einer Ablehnung den Club nach Brandenburg zu treiben. Während die meisten politischen Kräfte noch um eine Position ringen, hört man im Lager der Jungen Liberalen eine frühe Festlegung. „Der Senat darf sich jetzt nicht in Bedenkenträgerei verzetteln, sondern muss Herthas Stadionplänen schnell den Anpfiff geben“, fordert der Landesvorsitzende Roman-Francesco Rogat. Schlimmer als ein Leerstand des Olympiastadions sei der Verlust von Hertha-Heimspielen in der Heimatstadt. „Wer meint, dass die Tausenden Fans unseres Hauptstadtclubs fürs Heimspiel nach Brandenburg pilgern sollen, hat den Berliner Sportsgeist nicht verstanden.“ tsc
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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