Spandauerin hat wieder Kontakt zur Familie Weiss

Edith Griebel (86) erinnert sich noch gut an die Zeit, als die Familie Weiss aus Spandau verschwand. Damals war sie zehn Jahre alt. | Foto: Schindler
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Wilhelmstadt. Als am 18. Mai an der Pichelsdorfer Straße 97 an den dort kurz zuvor verlegten Stolpersteinen der Spandauer Familie Weiss gedacht wurde, war eine Teilnehmerin besonders gerührt: Edith Griebel.

Die heute 86-jährige Wilhelmstädterin hatte als Kind die Brutalität des Nazi-Regimes erlebt. Der Brand der Spandauer Synagoge am Lindenufer ist ihr noch heute als Schreckensmeldung im Gedächtnis, die die damals Zehnjährige erschütterte. Es war auch das Jahr, in dem sie registrierte, dass gute Bekannte aus der Öffentlichkeit verschwanden - wie die Familie Weiss, die an der Pichelsdorfer Straße 97 ein Textilgeschäft betrieb.

Die Eheleute Margot und Julius Weiss wurden gezwungen, ihr Geschäft aufzugeben. Die Familie zog mit den beiden Söhnen Fritz und Hans in das Haus von Margots Vater Louis Salomon in der Breiten Straße 33. Überlebt hat nur Hans Weiss, der 1941 nach Palästina emigrieren konnte. Das Verschwinden der Familie Weiss führte in der Nachbarschaft zu verschiedenen Gerüchten, unter anderem darüber, dass die Familie gleich nach Geschäftsaufgabe deportiert worden sei.

Für Edith Griebel stand eines fest: Sollte sie den Krieg überleben, und sollten auch die Weiss’ überleben, dann würde sie sich auf den Weg machen, um sie wieder zu treffen. Dass dies auch eine Art Weltreise hätte werden können, sollte für Edith Griebel nach dem Krieg kein Problem sein. Sie hatte das Glück, 1949 von der Familie eines Armee-Geistlichen als Au-pair-Mädchen nach London mitgenommen zu werden. Drei Jahre blieb die junge Frau in der englischen Hauptstadt, lernte perfekt Englisch und traf auch auf jüdische Familien.

Edith Griebel hatte bald Freunde in aller Welt. Lange arbeitete sie bei der Messe Berlin, und wenn es ihre Zeit zuließ, dann reiste sie. Nicht nur mehr als 30 Mal nach England, sondern auch in den neu gegründeten Staat Israel. Doch ihre Hoffnung, auch wieder jemanden von der Familie Weiss zu treffen, erfüllte sich erst mit der Gedenkveranstaltung am 18. Mai. Uri Weiss, Sohn von Hans Weiss, war gerührt über die ehemalige Bekannte seines Vaters und seiner Großeltern, die sich für seine Familie interessierte. Die Begegnung mündete inzwischen in eine Brieffreundschaft.

Uri Weiss berichtete Edith Griebel, dass sein Vater Hans Weiss noch seinen Eltern mitteilen konnte, dass er sicher in Palästina angekommen war. Er änderte sofort seinen Namen in Shimon Weiss. Im Jahr 2002 ist er im Alter von 79 Jahren gestorben. Doch Edith Griebel freut sich darüber, dass die Geschichte der Familie Weiss weitergeht. Shimon Weiss hinterließ drei Kinder sowie 16 Enkel und Urenkel. Der Kontakt zwischen Edith Griebel und Uri Weiss, seiner Frau Amalia und ihrem Sohn Yuval bleibt.

Christian Schindler / CS
Edith Griebel (86) erinnert sich noch gut an die Zeit, als die Familie Weiss aus Spandau verschwand. Damals war sie zehn Jahre alt. | Foto: Schindler
Auf der Gedenkveranstaltung am 18. Mai: Edith Griebel mit Uri (links) und Yuval Weiss. | Foto: privat
Autor:

Christian Schindler aus Reinickendorf

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