Baumfällungen in Wilhelmsaue, Nassauischer, Gasteiner Straße
Informationsveranstaltung von Wasserbetrieben und Bezirksamt am 10.2.2020

Wilhelmsaue nördliche Seite Richtung Bundesallee (Zeichnung, 2008)
  • Wilhelmsaue nördliche Seite Richtung Bundesallee (Zeichnung, 2008)
  • hochgeladen von Michael Roeder

Erst am 7. Januar war durch eine kurze Pressemitteilung des Bezirksamtes in der Öffentlichkeit bekanntgeworden, daß zur Erneuerung der Trinkwasserleitungen in der Wilhelmsaue sowie für Arbeiten in der Nassauischen und Gasteiner Straße 13 Bäume gefällt werden sollen. Aufgrund von Anwohneranfragen fand dann am 30. Januar ein sehr kurzfristig angekündigter Ortstermin vor Wilhelmsaue 10 statt, auf dem erstmals konkret die zur Fällung vorgesehenen Bäume genannt wurden: zehn Linden in der Wilhelmsaue*, ein Ahorn vor Nassauischer Straße 42 und zwei Eichen vor Gasteiner Straße 26.

Planung der Wasserbetriebe

Am Abend des 10. Februar veranstalteten die Wasserbetriebe in der Auenkirche nunmehr eine von über hundert Anwohnern besuchte zweistündige Informationsveranstaltung, an der auch der Leiter des Grünflächenamtes teilnahm. Zunächst wurde dargestellt, mit welchem Verfahren die alten Trinkwasserleitungen aus dem Boden herausgedrückt und im selben Arbeitsgang durch neue ersetzt werden sollen. Dazu brauche es in gewissen Abständen Baugruben für die dazu notwendige Maschinerie. Diese Technik sei jedoch nur bei gradlinig verlaufenden Röhren anwendbar, weswegen es weiterer Baugruben bedürfe. Außerdem sollen bei der Gelegenheit Regen- und Abwasserschächte erneuert werden. Nach monatelangen Planungsgesprächen unter Beteiligung von Wasserbetrieben, Grünflächenamt und Bauleitung sei man zu dem Ergebnis gekommen, daß dafür 13 Bäume vor Beginn der Vogelbrutperiode am 1. März gefällt werden müßten, während die eigentlichen Bauarbeiten erst im Juli anfangen und bis Juli 2021 dauern würden.

Öffentlichkeitsarbeit von Wasserbetrieben und Bezirksamt

Unter dem Beifall der Anwesenden wurde von verschiedenen Anwohnern kritisiert, daß diese Informationsveranstaltung überhaupt erst auf Forderung der Bürger stattfinde und zudem zu einem Zeitpunkt, wo alles bereits fertig geplant sei, statt die Bürger mit einzubeziehen. Des weiteren kam zur Sprache, daß Emails, Anfragen, Bitten um Akteneinsicht und das Schreiben eines Rechtsanwalts unbeantwortet geblieben seien. Der Leiter des Grünflächenamtes erklärte dazu, daß Schreiben von Bürgern selbstverständlich respektiert würden, sein Amt aber zu wenig Mitarbeiter habe, um sie zeitnah zu beantworten. Die Vertreterin der Wasserbetriebe räumte ein, daß die ganze Information „nicht ideal gelaufen“ und letztlich ihr Haus „nicht darauf eingerichtet“ sei.

„Aus wirtschaftlichen Erwägungen“

Kristallisationspunkt der Anwohnerkritik war der Hinweis des Leiters des Grünflächenamtes, daß die Entscheidung zur Fällung der jetzigen 13 Bäume letztlich „aus wirtschaftlichen Erwägungen“ gefallen sei. Von Teilnehmern wurde das dahingehend verstanden, daß die Rettung der durchweg gesunden, jahrzehntealten Bäume keine Priorität gehabt habe, und man wunderte sich, warum das Umweltamt nicht an der Veranstaltung teilnahm. Es wurden Forderungen nach konkreten Alternativen erhoben und dazu selbst Vorschläge gemacht, z.B. flexible statt Gußrohe einzubauen oder den zu erneuernden Schacht in der Nassauischen Straße ein paar Meter von dem Ahorn entfernt anzulegen.

Rechtliche Gesichtspunkte

Schließlich wurden auch rechtliche Bedenken gegen die Planung erhoben. Dabei ging es um § 5 der Baumschutzverordnung, nach deren Auslegung durchs Verwaltungsgericht für jeden einzelnen Baum eine Abwägung stattfinden muß; für die Bürger sei die korrekte Anwendung nicht nachvollziehbar, da bisher keine Einsicht in die Unterlagen gewährt wurde. Weiter stellte sich heraus, daß für die Bauarbeiten zwar eine straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis beantragt, aber noch nicht erteilt worden sei. Und was schließlich den Schutz der unmittelbaren Umgebung eines Baudenkmals – hier des Schoelerschlößchens, vor dem ebenfalls ein Baum gefällt werden soll – nach § 10 Denkmalschutzgesetz betrifft, so zeigte sich, daß den Wasserbetrieben diese Bestimmung nicht bekannt war. (Danach darf „die unmittelbare Umgebung eines Denkmals … nicht so verändert werden, daß die Eigenart und das Erscheinungsbild des Denkmals wesentlich beeinträchtigt werden“.)

Ergebnis der Informationsveranstaltung

Als die Wasserbetriebe nach Ablauf der zwei Stunden gefragt wurden, ob sie bei ihrer Planung bleiben und 13 (plus eventuell 3 weitere Bäume) fällen wollten, bejahten sie dies. Allerdings wolle man an drei oder vier noch zu benennenden Terminen Akteneinsicht gewähren und, falls möglich, auch Baumgutachten zur Verfügung stellen.
Seitens der Anwohner wurde angekündigt, die Politik einzuschalten. Und das Grünflächenamt wurde aufgefordert, seine Genehmigung der Baumfällungen zurückzunehmen, da die Wasserbetriebe die darin enthaltene Auflage zur Informationspflicht bisher nicht erfüllt hätten.

____________________________
* Bäume in der Wilhelmsaue: (jeweils zuerst die Hausnummer, dann in Klammern die Baumnummer): 2 (87), 10 (99, 100), 123 (49), 124/5 (52, 53), 126 (56), 128/9 (60), 130/1 (64), 137 (78)

Autor:

Michael Roeder aus Wilmersdorf

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