Foto-Vermächtnis eines "Rüdi"-Kenners lebt fort
Es war wohl niemals etwas Gewöhnliches, am Rüdesheimer Platz zu wohnen. Damals nicht, als das reich begrünte Gründerzeitquartier ab 1911 neue Maßstäbe setzte. Und auch heute nicht, da die sanierten Giebel in englischer Landhaus-Optik aus den Baumkronen ragen. Etwas vom Entstehen und Fortwirken dieses Charmes zu vermitteln, das versuchen nun Inge und Manuel Hildebrand im Namen des Vereins Rüdi-Net. Anlässlich des diesjährigen Sommerfestes stellten sie und ihre Helfer in einem leeren Ladenlokal das fotografische Vermächtnis des verstorbenen Hauswarts Rainer Schultz zur Schau. "Da mussten die Leute nicht ins Archiv gehen, sondern hatten die Bilder hier vor Ort", freut sich Inge Hildebrand über etliche schaulustige Gäste.
Jedes einzelne Bild im Fundus - ein Hingucker. Da sind die Straßenszenen aus den frühesten Tagen. Die ausgebrannten Dachstühle nach dem Krieg. Das triste, oft überschwemmte Rasenstück im Herzen des Platzes Mitte der 70er-Jahre - ein Ärgernis, das erst durch die Errichtung geblümter Hochbeete ein Ende fand. Gaben des Heimatmuseums sind darunter, dazu private Sammlerstücke, die Rainer Schultz im Laufe der Jahre ergattern konnte. Aus allen spricht der Esprit der Gartenstadt Wilmersdorf: "begrünte Wohn- und Geschäftsstraßen", sagt Hildebrand, "das war in dieser Form einmalig."
Aber ein permanenter Ausstellungsort für die Aufnahmen fehlt bisher, zumal das Rüdi-Net-Vereinsquartier in der Retzdorffpromenade 2 wegen ungünstiger Platzverhältnisse ausscheidet. So wird die Sammlung bis zum nächsten großen Fest also wieder aus der Öffentlichkeit verschwinden und nur auf Anfrage vorgezeigt. Den Verein würde es freuen, wenn sich derweil noch unbekannte Fotografien fänden - etwa aus einem klirrend kalten Nachkriegswinter, als man auf vereisten Flächen Schlittschuh lief.
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
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