Neue Ausstellung zeigt Momente der Mobilität
Einsteigen, bitte! Zurückbleiben, bitte! Die Hast besiegt das Lächeln. Hektik regiert das Hin und Her. Unterwegs im Großstadtgetriebe denkt niemand daran, welches Bild er bietet, in welcher Situation er unwissentlich steckt. Dann drückt Hans Hochheim ab. Und erhält Zufallsprodukte, krasse Gegenstücke zu den inszenierten Fotos unserer Zeit. So wie Hochheims Bilder in der Kommunalen Galerie Menschen in Metropolen wiedergeben, so blicken wir am Bahnsteig häufig drein: grübelnd, gleichgültig, zielstrebig oder ertappt.
"Berlin unterwegs" heißt jene neue Ausstellung, die der Situationsfotograf Hochheim und der Porträtspezialist Andreas Rost gemeinsam gestalten durften. "Alles, was hier aufgenommen wurde, ist vorbei. Es kommt nie wieder", rief Kurator Enno Kaufhold den Gästen zur Eröffnung ins Bewusstsein. Den Werken von Hochheim und Rost gemein ist ihre Entstehung im öffentlichen Personennahverkehr - oder dort, wo man ihn verwaltet. So zeigt Rost auch BVG-Chefin Sigrid Nikutta in ihrem Büro, eine kesse Lockführerin in der Tür ihres Gefährts, einen verwundert dreinblickender Wagenmeister unter der mächtigen Achse eines Zugs.
Und wann hat man schon Gelegenheit, das Stadtzentrum durch die Vorderscheibe einer S-Bahn vor sich aufragen zu sehen? Wann ist man der Zugführerhand am Steuerhebel so nah?
Bei seinen Mitfahrten vorne in der Kabine hörte Rost bisweilen Spott. "Einer fragte mich: Brauchst Du Geld für eine neue Kamera?", amüsiert er sich. Rosts Großformat-Technik mag heute veraltet und sperrig wirken. Doch sie verzeichnet feinste Details.
Im Übrigen entstanden die beiden Serien nicht einfach aus Muße. Ursprünglich hat sie der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg in Auftrag gegeben, um damit seinen Geschäftsbericht zu schmücken. VBB-Geschäftsführer Hans Werner-Franz, in seiner Freizeit selbst oft mit einer Leica zugange, gab lediglich vor, dass keine Personen in unvorteilhaften Situationen abzulichten seien. Ansonsten ließ er beiden Profis freie Hand.
Dass sich solcher Aufwand lohnt, bestätigte Franz ein Kollege von den Verkehrsbetrieben in London. "Er sagte: Alle Geschäftsberichte werfe ich nach dem Lesen weg. Nur den aus Berlin, den hebe ich auf."
Autor:Thomas Schubert aus Charlottenburg |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.