Wirtshaus "Zum Nußbaum" wird geschlossen

Ende einer Institution: Die Wirtsleute Maria und Winfried Gassmann hören nach der Schließung des Lokals Sympathiebekundungen aus dem ganzen Land. | Foto: Schubert
  • Ende einer Institution: Die Wirtsleute Maria und Winfried Gassmann hören nach der Schließung des Lokals Sympathiebekundungen aus dem ganzen Land.
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Wilmersdorf. Seit den Gründerzeittagen, als der heutige Bundesplatz Gestalt annahm, erfreuten sich Anwohner an der Bewirtung in Hausnummer 5. Doch nachdem ein Gericht missmutigen Miteigentümern des Hauses Recht gab, ist damit Schluss. Im Wirtshaus "Zum Nußbaum" läuft nun der Ausverkauf.

Winfried Gassmann kann kaum noch über die Straße gehen, ohne dass man ihn fragt. Er, der Besitzer des Wirtshauses "Zum Nussbaum", soll erklären, weshalb die Türen des Restaurants seit Juli geschlossen sind.

Denn man vermisst die 18 Biere vom Fass und das gerade von alleinstehenden Senioren geschätzte Mittagessen für 4,50 Euro. Statt Brutzeln vernimmt man im Inneren nun das Sirren von Akkuschraubern. Wo abends die Anwohner am Tresen saßen, erfolgt nun die Demontage der wertvollen Blenden.

Nein, im "Nußbaum" landet kein Rehrücken mehr auf dem Tisch. Und die Nachricht darüber verbreitet sich im ganzen Land. "Selbst aus dem Westen Deutschlands erreichen mich Briefe", berichtet Gassmann von ständigen Ausdrücken des Bedauerns. Was zur Schließung des Wirtshauses geführt hat, kann man in Kurzfassung an der Pforte lesen. Wer es ausführlicher wissen will, dem zeigt Gassmann einen Stapel Papier - das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg.

Kurz gesagt steht darin geschrieben, dass es dieses Restaurant nie hätte geben dürfen. Laut einer Urkunde von 1982 sei die Örtlichkeit als Ladenlokal ausgewiesen und der Betrieb als Wirtshaus rechtswidrig. "Man hat uns die Nutzung der Lüftungsanlage und die Bewirtschaftung des Vorgartens gerichtlich untersagt", nennt Gassmann das konkrete Problem. Sollte er diesen Auflagen zuwiderhandeln, drohen empfindliche Strafen. Ein Sieg für zwei Miteigentümer des Hauses, die sich von der Gastronomie gestört sahen und klagten. Aus Sicht der Freunde des Lokals ein unverständlicher Akt.

"Ein Stück Bundesplatz geht verloren", sagt der scheidende Wirt mit Blick auf eine 100-jährige Historie des gastronomischen Betriebs. Was einst als Weinstube begann, entwickelte Gassmann ab 1989 zur Adresse für Alt-Berliner Küche. Über 25 Jahre hinweg wuchs der Betrieb, den er mit seiner Frau Maria und den beiden Töchtern persönlich führte, buchstäblich zur Hausnummer am nicht gerade konkurrenzarmen Platz.

Man hätte das Urteil auch anfechten können, meint der Leidtragende - "aber ich bin nun 67 Jahre alt. Und ich war seit 20 Jahren nicht mehr um Urlaub." Also erwägt er nun den Verkauf des gastronomisch zwar nicht mehr nutzbaren, aber attraktiv gelegenen Lokals. Und wer am "Nußbaum" hängt, der muss sich beeilen, um noch ein Souvenir zu erstehen. Die 100-jährige Geschichte, sie endet in diesen Tagen.

Einrichtungsteile des Restaurants lassen sich donnerstags und freitags vor Ort erwerben, jeweils von 16 bis 18.30 Uhr.
Thomas Schubert / tsc
Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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