Der Untergang der „Zehlendorf“

Blick auf die Gedenkstätte Haus der Wannseekonferenz. | Foto: Ulrike Martin
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Zehlendorf. Historisches und Aktuelles, fast Vergessenes und Kurioses bietet das Jahrbuch 2017 des Heimatvereins Zehlendorf. Von Menschen, Landschaften und Bauwerken erzählt der Band in 14 Beiträgen aus allen Ortsteilen des Altbezirks.

Die Titelgeschichte dreht sich um die Villa Marlier/Minoux, besser bekannt als Haus der Wannseekonferenz. Errichtet 1906 von dem Fabrikanten Ernst Marlier, verkauft an die Norddeutsche Grundstücks-Aktiengesellschaft, deren Hauptaktionär Friedrich Minoux war, wurde sie am 20. Januar 1942 zum Schauplatz der „Staatssekretärbesprechung mit anschließendem Frühstück“. In die Geschichte eingegangen ist dieses Datum als Wannsee-Konferenz, bei der es um die „Endlösung der Judenfrage“ ging. Nach unterschiedlichen Nutzungen, unter anderem als Bildungsstätte und Schullandheim, wurde die Villa 1992 zur offiziellen Gedenkstätte.

Warum Zehlendorf „unterging“, erklärt ein weiterer Beitrag. Es gab drei Fahrgastschiffe auf Berliner und Brandenburger Gewässern die den Namen „Zehlendorf“ trugen. Das erste von 1905 war ein kleines Motorboot dessen Spur sich im Zweiten Weltkrieg verliert. Die zweite „Zehlendorf“ von 1927 war über 40 Meter lang, trug 730 Personen und war damals das größte Fahrgastschiff auf den märkischen Wasserstraßen. Es sank 1945 nach einem Bombenangriff. Das dritte Schiff, bereits 1886 erbaut, hieß zunächst „Dorothea“, war 20 Meter lang und konnte 193 Menschen befördern. Das Schiff war das erste, das nach der Blockade West-Berlins ab 1956 wieder in Fahrt kam – als „Zehlendorf“. Es war bis 1971 unterwegs.

Das Kapitel „Steinig, aber luxuriös“ informiert über die verschiedenen Pflasterungen, die es im Altbezirk Zehlendorf gibt. Die hier ansässige Firma Gottfried Puhlmann hat seit mehr als 100 Jahren die Straßen mit Kleinsteinpflaster, Mosaik- oder Reihensteinfplaster belegt.

Weitere Geschichten erzählen von Renovierungsarbeiten der Schüler des Droste-Hülshoff-Gymnasiums, beleuchten die Lebensgeschichte der Johanna Königsberger, die in Schlachtensee wohnte nach dem Tod ihre Mannes eine „Fabrik für Federbesatz und Federboas“ leitete und 1942 im Getto Theresienstadt verhungerte. Auch das Luther-Jahr 2017 ist ein Thema. Der Beitrag darüber geht den Spuren des Reformators in Zehlendorf nach.

Ans Wasser geht es im Kapitel über die 120 Jahre alte Söhnel-Werft in Kohlhasenbrück. Alfred Söhnel etablierte bereits 1923 eine Gastwirtschaft, die es heute in anderer Form noch gibt, wenn auch nicht mehr von der Familie Söhnel betrieben. Spannend ist auch der Beitrag über die Insel Lindwerder, seit Ende des 19. Jahrhunderts beliebtes Ausflugsziel mit Restauration und Fährhaus. Allerdings ist die Insel fast so etwas wie eine Neu-Zehlendorferin: Sie gehörte bis 1938 zu Spandau.

Das neue Jahrbuch, mit einem Vorwort von Klaus-Peter Laschinsky, Vorsitzender des Heimatvereins, ist für drei Euro im Heimatmuseum (Regionalmuseum und Archiv), Clayallee 355, 8022441 erhältlich. Öffnungszeiten: Mo/Do 10-18 Uhr, Di/Fr 10-14 Uhr. uma

Autor:

Ulrike Martin aus Neukölln

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