Ein Stadtbaum aus Moosen für Steglitz-Zehlendorf?
Steglitz-Zehlendorf. Moose binden eine große Menge an Feinstaub. Dies hat das Start-Up „Green City Solutions“ jahrelang erforscht und eine große, mit Moosen bepflanzte Wand, einen „Stadtbaum“ entwickelt. Geht es nach SPD, FDP und der Linken in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wird Steglitz-Zehlendorf als erster Berliner Bezirk einen solchen „Baum“ aufstellen.
Das Start-Up „Green City Solutions“ hat seinen Sitz auf dem Euref-Campus in Schöneberg. Die Gründer forschten einige Jahre zur Luftverbesserung in den schadstoffbelasteten Städten und kamen zum Ergebnis: Moose „fressen“ den Feinstaub am besten.
Die Zahlen sind beeindruckend: Eine vertikale Wand mit einer Fläche von drei mal vier Metern, mit 1682 kleinen Pflanzentöpfen bestückt, kann an einem einzigen Tag den Feinstaub von 400 Pkw filtern, was der Leistung von 275 Bäumen entspricht. Darüber hinaus nehmen die Moose Stickstoffdioxid auf, eliminieren also weitere Schadstoffe. Sie brauchen keine Erde und wachsen schnell zu einer geschlossenen Oberfläche zusammen.
Auf dem Dach der Mosswand befinden sich Solarzellen, im Innern sorgt die entsprechende Technologie für die Bewässerung mit Regenwasser oder einem Wasseranschluss.
Der City Tree kann mit weiteren Details aufwarten: Sitzbänke sind integrierbar, ebenso Wlan-Hotspots oder E-Bike-Aufladestationen. An den Seiten gibt es Bildschirme für Werbung. Nicht zuletzt sorgen die Moose in ihrer unmittelbaren Umgebung an heißen Tagen für Kühlung, und sie riechen frisch nach Wald.
Eine solche technische Innovation hat ihren Preis: Ein City Tree kostet 25 000 Euro, hinzu kommen Wartung und Pflege. Ein Stadtbaum, der natürlich ebenfalls gepflegt werden muss, ist zwar für „nur“ 1500 Euro zu haben, 275 Bäume würden aber weit über dem Preis eines einzigen City Trees liegen – und genügend Platz ober- wie unterirdisch – müsste auch vorhanden sein.
Die SPD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf griff als erste die Idee eines City Trees auf und stellte dazu einen Antrag. FDP und die Linke unterstützen den Vorstoß. „Wir könnten zeigen, was es an technischen Innovationen gibt und was damit erreicht werden kann“, sagt Kay Ehrhardt, Fraktionsvorsitzender der FDP. „Technik und Umwelt müssen sich nicht ausschließen“.
Die Aufstellung einer Mooswand wäre dort sinnvoll, wo keine Bäume gepflanzt werden können und die Verkehrsbelastung sehr hoch ist. Infrage käme etwa die Schildhornstraße oder auch die Ecke Teltower Damm/Potsdamer Straße/Clayallee. Allein aus Richtung Potsdam kommen täglich etwa 40 000 Fahrzeuge über den Teltower Damm nach Berlin.
Zunächst aber muss der Antrag der SPD wegen der Kostenfrage noch den Haushaltsausschuss passieren und in der BVV beschlossen werden. „Danach können wir uns Gedanken über einen Standort machen“, erklärt SDP-Fraktionschef Volker Semler.
City Trees gibt es bereits in Schweden, Italien, Frankreich und in Hongkong, ebenso in Dresden, Krefeld und Jena. Im vergangenen Jahr standen zwei Mooswände zeitweise auch in Berlin – im Hauptbahnhof und vor dem S-Bahnhof Südkreuz. Inzwischen hat die Deutsche Bahn die Wände nach Essen, die diesjährige Grüne Hauptstadt Europas, gebracht. Aktuell ist ein City Tree auf dem Euref-Campus, Eingang Torgauer Straße 12, zu sehen. uma
Autor:Ulrike Martin aus Neukölln |
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