CDU möchte eine historische Schautafel am Großen Wannsee

An der Kreuzung Königstraße/Am Großen Wannsee soll künftig eine Schautafel an die nationalsozialistische Vergangenheit erinnern. | Foto: Schmidt
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Wannsee. Mit einer informativen Schautafel möchte die CDU an enteignete jüdische Hauseigentümer der Colonie Alsen und an NS-Wirkungsstätten Am Großen Wannsee erinnern.

Der Antrag der Christdemokraten in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) zu dem Thema wurde auf der BVV am 19. Juni in den Kulturausschuss überwiesen. Eingebracht hatte das Papier die Bezirksverordnete Sabine Lehmann-Brauns. Sie wolle mit den Stelen "an den Zivilisationsbruch erinnern, der sich im vergangenen Jahrhundert vollzog". Die Anlage der Colonie Alsen wurde vor 150 Jahren im Auftrag des Bankiers Wilhelm Conrad von dem Lenné-Schüler Gustav Meyer in Angriff genommen, der nicht einfach nur Häuser gebaut habe, wie Lehman-Brauns betont: "Unter ästhetischen Gesichtspunkten sollten Baukultur und Landschaft gestaltet werden." 1872 lebten 64 Bewohner in zwölf Villen.

In dem Antrag wird das Bezirksamt ersucht, in Zusammenarbeit mit dem "Haus der Wannseekonferenz" eine historische Informationstafel an der Kreuzung Königstraße/Am Großen Wannsee aufzustellen. Auf einer Textfläche solle, so Lehmann-Brauns, die Geschichte der Kolonie darstellt werden. Auf der Rückseite möchte die CDU-Politikerin die Geschichte des NS-Instituts für Staatsforschung und des "Geheimen Ostinstituts" dokumentieren. Die Beschreibungen sollten Historiker vornehmen, so Lehmann-Brauns.

Den Vorschlag für die Straßenecke habe Kulturstadträtin Cerstin Richter-Kotowski (CDU) gemacht. "Der Hinweis auf die von den Nazis beschlagnahmten Villen fehlt bislang", sagt Lehmann-Brauns. Die Kolonie Alsen sei Spiegelbild des Aufstieges, Glanzes und der Zerstörung einer bürgerlichen Lebenswelt, die der NS-Diktatur zum Opfer gefallen sei.

Mit der Machergreifung der Nationalsozialisten wurden laut Antrag die jüdischen Eigentümer gezwungen, ihre Villen zu verkaufen. Sie wurden enteignet und, wenn sie nicht entkamen, deportiert oder ermordet. Die Villa Marlier wurde zum Domizil und zur Schaltzentrale des SS-Obergruppenführers Reinhard Heydrich, der den Massenmord an den Juden in Europa organisierte. In der Villa Oppenheim von Alfred Messel errichteten die Nationalsozialisten ihr "Geheimes Ostinstitut".

In der nahen Hohenzollernstraße wurden Lehmann-Brauns zufolge 2004 die ersten Stolpersteine verlegt. Der jetzige Antrag bezieht sich auch auf einen Vorstoß der SPD, den die BVV im vergangenen September verabschiedete. Darin werden Hinweistafeln auf die Einrichtungen gefordert, die der NS-Vernichtungs- und Eroberungspolitik dienten.

Unterdessen verfallen einige der Anwesen Am Großen Wannsee unaufhaltsam. Ein großes Landhaus, in dem bis vor Kurzem sechs Mietparteien wohnten, ist jetzt zum Abriss freigegeben worden.

Martinus Schmidt / mst
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Lokalredaktion aus Mitte

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