Ausstellung über das Schicksal italienischer Militärinternierter

Neue Dauerausstellung zum Schicksal italienischer Militärinternierter: Martin Schmidt vom Auswärtigen Amt schaut sich einige Tafeln in Baracke vier an. | Foto: Steffi Bey
2Bilder
  • Neue Dauerausstellung zum Schicksal italienischer Militärinternierter: Martin Schmidt vom Auswärtigen Amt schaut sich einige Tafeln in Baracke vier an.
  • Foto: Steffi Bey
  • hochgeladen von Steffi Bey

Niederschöneweide. „Zwischen allen Stühlen – die Geschichte der italienischen Militärinternierten 1943-1945“ ist der Titel einer neuen Dauerausstellung im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit. Bislang wurde ihr Schicksal kaum beleuchtet.

In den zurückliegenden Monaten wurde die Baracke vier an der Britzer Straße nicht nur restauriert, sondern eine bislang einmalige Ausstellung integriert. Auf rund 250 Quadratmetern erzählen nun jede Menge Fotos, Berichte, Installationen und Gegenstände aus dem Alltagsleben der Gefangenen. Zu sehen sind Blechgeschirre, in die die Soldaten einst ihre Sehnsüchte und Gedanken ritzten, Tagebücher, aber ebenso Vermisstenanzeigen, die Tausende persönliche Schicksale hinter den großen Zahlen dokumentieren.

Während des Zweiten Weltkriegs wurden 650 000 italienische Kriegsgefangene nach Deutschland zur Zwangsarbeit deportiert. Rund 50 000 bis 60 000 starben schließlich an den Folgen ihrer Gefangenschaft.

„Erst waren sie militärische Verbündete, dann angebliche Verräter“, sagte die Leiterin des Dokumentationszentrums NS-Zwangsarbeit, Christine Glauning in ihrer Ansprache zur Eröffnung der besonderen Schau.

Bis zum Herbst 1943 hatten deutsche und italienische Soldaten gemeinsam an den Fronten des Zweiten Weltkriegs gekämpft. Doch am 8. September 1943 kündigte die italienische Regierung unter Marschall Pietro Badoglio dieses Bündnis auf.

„Die italienischen Militärinternierten befanden sich von Anfang an zwischen allen Stühlen“, machte Kuratorin Daniela Geppert deutlich. Viele Deutsche wollten sie als „Verräter“ hart bestrafen und zugleich ihre Arbeitskraft für die Kriegswirtschaft ausbeuten. „Gleichzeitig warben aber auch deutsche Organisationen und das faschistische Mussolini-Regime in Norditalien bei ihnen weiterhin um eine Fortsetzung des bewaffneten Kampfes für den ,Endsieg‘, berichtete die Kuratorin. So hätten einige gefangene Militärs eine „gewissen Wahlfreiheit“ erhalten: sich für oder gegen ein Weiterkämpfen an deutscher Seite oder einem Verbleib in der Gefangenschaft zu entscheiden.

Michele Montagano sagte damals nachdrücklich „Nein“ zum Angebot der Faschisten – wie viele seiner italienischen Gefährten. Er überlebte die Odyssee durch deutsche Arbeits- und Gefangenenlager am Ende mit Glück – war jedoch physisch und psychisch stark geschwächt.

Mehr als 60 Jahre später kehrte der inzwischen 95-Jährige als Zeitzeuge in ein ehemaliges deutsches Zwangsarbeitlager zurück. Sichtlich bewegt führte er während der Ausstellungeröffnung Außenminister Franz-Walter Steinmeier und den italienischen Amtskollegen Paolo Gentiloni durch Baracke vier.

Die Ausstellung geht zurück auf die Arbeit der Deutsch-Italienischen Historikerkommission und wird durch das Auswärtige Amt mit mehr als 1,4 Millionen Euro gefördert. „Mit diesem Blick zurück ins Dunkel erhellt sich unsere Sicht auf die Gegenwart“, sagte Steinmeier. Mit der Schau in Schöneweide sei nun ein dauerhafter Ort der Erinnerung an das Schicksal der Militärinternierten geschaffen worden.bey

Das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit, Britzer Straße 5, ist Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Infos und Führungen unter  63 90 28 80 oder www.dz-ns-zwangsarbeit.de.
Neue Dauerausstellung zum Schicksal italienischer Militärinternierter: Martin Schmidt vom Auswärtigen Amt schaut sich einige Tafeln in Baracke vier an. | Foto: Steffi Bey
Außenminister Frank-Walter Steinmeier während seiner Ansprache zur Ausstellungseröffnung im Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit. | Foto: Steffi Bey
Autor:

Steffi Bey aus Köpenick

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

WirtschaftAnzeige
Das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" in der Zossener Straße ist imer einen Besuch wert.
6 Bilder

Yummy Kitchen
Köstlichkeiten aus der südindischen und sri-lankischen Küche

Seit 2021 existiert das Spezialitätenrestaurant "Yummy Kitchen" im angesagten Kreuzberger Kiez und lädt Liebhaber der südindischen und sri-lankischen Küche zum ausgiebigen Schlemmen und Genießen ein. So wundert es nicht, dass sich die Location, die über Innenplätze auf zwei Ebenen sowie einen gemütlichen Außenbereich verfügt, zu einem geschätzten Treffpunkt gemausert hat, der zahlreiche Berliner Stammgäste, aber auch Touristen aus dem In- und Ausland regelmäßig begrüßt. Verkehrsgünstig und...

  • Kreuzberg
  • 26.04.24
  • 170× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 261× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 255× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! | Foto: milangucic@gmail.com

Schonende OP-Methode
Patienteninfo: Wenn die Hüfte schmerzt

Hüftschmerzen beeinträchtigen Ihr Leben? Lassen Sie sich nicht länger quälen! Entdecken Sie die neuesten Wege zur Befreiung von Hüftschmerzen auf unserem Infoabend. Unser renommierter Chefarzt für Orthopädie und Unfallchirurgie sowie Leiter des Caritas Hüftzentrums, Tariq Qodceiah, führt Sie durch die modernsten Methoden bei Hüftoperationen. Erfahren Sie, wie die schonende AMIS-Methode eine minimalinvasive Implantation von Hüftprothesen ermöglicht und die Fast-Track-Behandlung eine rasche...

  • Hermsdorf
  • 26.04.24
  • 108× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 323× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 654× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.