Wilmersdorf. Tosenden Beifall fand "Der kleine grüne Kaktus" in der Interpretation des neu gegründeten Chors im Tannenhof. Schade nur, dass diese Adaption der Comedian Harmonists nur die Vertreter der Stadtteilinitiative vom Leon-Jessel-Platz "Miteinander im Kiez" und nicht alle Anwohner sehen konnten.
Die Vorführungen fanden auf einer geschlossenen Festveranstaltung zur Feier des vierten Jahrestags des Suchttherapiezentrums "Pfalzburger" des gemeinnützigen Trägers "Tannenhof" statt.Mit der Klinik in der Pfalzburger Straße 35-38 entstand aus einem aufgegebenen Frauenkrankenhaus ein neues Schmuckstück. Das hat Auswirkungen in den ganzen Kiez hinein. Da Dealer Entzugseinrichtungen fürchten wie der Teufel das Weihwasser, sind die Spritzenreste vom nahegelegenen Spielplatz verschwunden. Die Werkstätten der "Pfalzburger" arbeiten auch nutzbringend im Kiez. Auch dank der Patienten des "Tannenhofs" sehen die Bänke am Leon-Jessel-Platz stets wie frisch gehobelt aus.
Geschäftsführer Horst Brömer erinnerte in seiner Ansprache an den Eröffnungstag: "Wenn in der Nachbarschaft auch viele ehrbare Bürger wohnen, die Sprüche auf den aus den Fenstern gehängten Transparenten zu unserer Eröffnung waren nicht ehrbar." Heute hat sich das Verhältnis gewandelt. Daran hat die Kiezinitiative einen großen Anteil. "Wir luden", erinnert sich der Vorsitzende Michael Müller, "die Nachbarn zu einer Veranstaltung ein, auf der der Tannenhof Gelegenheit erhalten hatte, das Projekt vorzustellen." Heute sehen die Anwohner die Vereinsmitglieder gemeinsam mit den Patienten des Tannenhofs beim Reinigen der Bänke und Grünanlagen.
Die damalige Aufregung ist verständlich. Erstmals wurde eine Suchttherapieeinrichtung nicht als Schmuddelkind an den Stadtrand verbannt, sondern dort eingerichtet, wo die Sucht ihren Ursprung hat: in der City. Seit der Eröffnung der Einrichtung wurden 713 hier Patienten behandelt. Für die Behandlung stehen den Therapeuten und Ärzten 56 stationäre und zehn ambulante Therapieplätze zur Verfügung. In dem Haus arbeiten 13 Therapeuten, zehn Ärzte und sechs Honorarkräfte, die von ehrenamtlichen Helfern unterstützt werden. "Es ist die modernste Einrichtung dieser Art in Berlin und Brandenburg", sagte Horst Brömer. Das Haus verfügt neben den Werkstätten, wo die Patienten lernen, wieder ihren eigenen schöpferischen Kräften zu vertrauen, über moderne Sporteinrichtungen, eine Sauna und ein Fitnessstudio, denn der physische Wiederaufbau ist genauso wichtig wie der psychische.
Frank Wecker / FW
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