Chronische Schmerzen sind ein täglicher Kampf

Wenn Schmerzkranke in einem spezialisierten Zentrum wie der Schmerzambulanz der Uniklinik Jena behandelt werden, geht es ihnen bald besser. | Foto: Martin Schutt
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"Der Schmerz wandert ständig weiter durch alle Muskeln und Sehnen, durch alle Nervenenden jeden Tag aufs Neue": So beschreibt eine Betroffene ihr Leiden, das Fachleute als Chronische Schmerzkrankheit bezeichnen.

Grund für die Beschwerden sind Lernprozesse in den Nervenzellen: Am Anfang mag ein akuter Schmerz gestanden haben, etwa durch einen Knochenbruch. Doch weil die Schmerzkontrollsysteme verändert sind, signalisieren die Nervenzellen einfach weiter, dass es irgendwo wehtut - obwohl es körperlich gesehen dafür keinen Grund (mehr) gibt. Betroffene wandern auf der Suche nach Hilfe häufig jahrelang von Arzt zu Arzt, während ihre Beschwerden immer schlimmer werden.Der Neurologe Michael Überall aus Nürnberg spricht deshalb vom Schmerz als "perfidem Lebenspartner", der sich in alle Bereiche einmischt: die Psyche kann darunter leiden, der Job, die Beziehung. "Es ist eine Erkrankung, die die Lebensqualität limitiert", sagt der Präsident der Deutschen Schmerzliga, die kürzlich ein "Schwarzbuch Schmerz" mit Patientenschicksalen herausgegeben hat.

Schätzungsweise zwölf Millionen Menschen in Deutschland haben chronische Schmerzen. Rund 1,8 Millionen von ihnen brauchen Schmerztherapeuten, weil sich ihre Beschwerden nicht allein mit dem fachgebundenen Wissen eines Arztes in den Griff bekommen ließen, sagt Müller-Schwefe. Wie der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Schmerztherapie erläutert, ist die Schmerzmedizin in Deutschland kein eigenes Fachgebiet, sondern nur eine Zusatzqualifikation für Ärzte.

Chronisch Schmerzkranke sind keine Hypochonder, obwohl ihnen das oft vorgeworfen wird. "Die Patienten wollen nicht krank sein, sie wollen keine Schmerzen haben, sie wollen wieder gesund werden", erläutert Prof. Thomas Tölle, Präsident der Deutschen Schmerzgesellschaft.

Denn wenn die Betroffenen endlich die passende Therapie bekommen, "merken sie, es geht doch noch was", sagt Tölle. Diese positive Erfahrung sei ein elementarer Schritt auf dem Weg zur Besserung, auch wenn komplette Schmerzfreiheit meist eine Illusion sei.

Laut Müller-Schwefe haben Medikamente bei der Behandlung nur den geringsten Anteil. Sie dienten vor allem dazu, dass der Patient wieder körperlich aktiv wird. Denn Schmerz führe dazu, dass der Kranke Bewegung vermeidet, obwohl eine kräftige Muskulatur das beste Mittel gegen Schmerzen sei. Neben Physio- spielt Psychotherapie eine Rolle. Dabei lernen die Betroffenen, mit Konflikten besser umzugehen und den Fokus auf andere Dinge als ihren Schmerz zu legen. Damit Schmerzen aber gar nicht erst chronisch werden, rät Müller-Schwefe Patienten, darauf zu bestehen, vom Arzt gründlich ausgefragt und untersucht zu werden. Röntgenbilder oder Kernspintomographien seien für eine effiziente Diagnose meist nicht erforderlich - Zeit für ein ausführliches Gespräch sei wichtiger.

Informationen der deutschen Schmerzgesellschaft im Internet unter www.dgss.org.
dpa-Magazin / mag
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Ratgeber-Redaktion aus Mitte

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