Neue Heimat im Kolonistendorf: Hans Beeskow kam 1978 aus Biesdorf nach Müggelheim

Hans Beeskow mit Traberhengst Sepp. Das 22 Jahre alte Pferd bekommt sein Gnadenbrot. | Foto: Ralf Drescher
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Müggelheim. Für viele Bewohner gehört Hans Beeskow zu den "alten" Müggelheimern. Dabei kam der heute 76-Jährige erst 1978 in das Kolonistendorf am Müggelsee.

Beeskow ist in Biesdorf geboren, auf dem Bauernhof in Alt-Biesdorf 5, wie er versichert. Auf dem Grundstück hatte seine Großmutter bereits zur Kaiserzeit eine Landwirtschaft. „Die hatte ich übernommen und dort Gurken, Möhren und Tomaten für die Berliner angebaut. Dann mussten wir 1978 weg, weil die Verbindung zur heutigen Bundesstraße 158 gebaut wurde. Ich habe damals meine Heimat verloren“, sagt Hans Beeskow.

Gelandet ist Hans Beeskow mit Ehefrau Ingeborg, einer Friseurmeisterin, dann erst einmal im Marzahner Plattenbau. Parallel dazu hat er ein neues Grundstück gesucht, um seine private Firma weiterzuführen. Nach ein paar Wochen wurde er am Müggelheimer Dorfanger fündig. Das von der Kommunalen Wohnungsverwaltung (KWV) vermietete Grundstück sollte die neue Existenz werden.

„Landwirtschaft war hier nicht möglich, also habe ich ein Fuhrgeschäft aufgebaut“, erinnert sich Hans Beeskow. Bald schon standen acht Pferde in den Ställen und Beeskow und seine bis zu vier Mitarbeiter fuhren mit Pferdewagen, einem Traktor und Anhängern Schutt für die KWV. Und mit der Hochzeitskutsche stand er bald zum ersten Mal vor dem Köpenicker Rathaus. Die Kremser waren oft für Brigadeausflüge in das schöne Umfeld Köpenicks ausgebucht. „Die haben damals Wagen und Kutscher für den ganzen Tag gebucht“, staunt Hans Beeskow noch heute. Neben der weißen Kutsche, die für Hochzeiten hinter die Schimmel Eddy und Gogo gespannt wird, stehen noch ein Landauer und ein Jagdwagen in der Scheune gleich neben den Pferdeställen. Diese Wagen sind bei historischen Festumzügen zum „Köpenicker Sommer“ oder beim Müggelheimer Erntefest gefragt. „Im nächsten Jahr habe ich beim Köpenicker Sommer meinen 40. Auftritt. Ich habe die letzten SED-Bürgermeister ebenso gefahren wie sämtliche SPD-Bürgermeister seit 1990“, sagt der Kutscher. Wobei er das Wort Kutscher nicht allzu gern hört. „Ich bin ein Fuhrmann, mit allem, was dazu gehört“, sagt er.

Seit elf Jahren ist Horst Beeskow Rentner, genießt aber keineswegs den Ruhestand. Die Pferde und auch er brauchen einfach die Arbeit, meint er. Schutt muss er allerdings nicht mehr fahren, und den Lkw nimmt er nur, um die Hochzeitskutsche über weitere Strecken zu befördern, die nötigen Pferde kommen im Anhänger gleich mit. Im Schnitt 15-mal pro Jahr fahren auch heute noch frisch gebackene Ehepaare mit Hans Beeskow und seinen Schimmeln ins neue Lebensglück.

Wenn Beeskow auf der Bundestraße 1 durch Biesdorf fährt, wird er immer noch an seine alte Heimat erinnert. „In den ersten Jahren kam da noch Wehmut auf. Inzwischen habe ich hier in Müggelheim eine neue Heimat gefunden“, sagt er. Und den Ruhestand schiebt er auch noch weiter vor sich her. Solange seine Knochen und seine Pferde noch mitmachen, spannt der Fuhrmann von Müggelheim weiter seine Kutschen und Kremser an. RD

Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

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