Schönheitsreparaturen - Rechte für Mieter

Laut Deutscher Mieterbund streiten sich in Deutschland jedes Jahr 270.000 Mal Mieter und Vermieter vor Amts- und Landesgerichten. Selbst thematisch versierten Juristen ist es nicht mehr möglich, das deutsche Mietrecht in all seiner Komplexität richtig zu erfassen. Ihre Rechte und Pflichten kennen viele Mieter nur noch vom Hörensagen und beim Thema Auszug haben sich bei ihnen einige Fehlvorstellungen angehäuft. Allerdings trifft dieses Manko ebenso auf die Vermieterseite zu.

Insbesondere beim leidigen Thema "Schönheitsreparaturen" gibt es häufig Streit zwischen den beiden Parteien. Grundsätzlich ist der Vermieter dazu gesetzlich verpflichtet fällige Schönheitsreparaturen durchzuführen, allerdings wird häufig diese Pflicht auf den Mieter übertragen. Voraussetzung hierfür ist aber eine entsprechende Regelung im Mietvertrag und dann auch nur, wenn die niedergeschriebenen Klauseln rechtlich wirksam sind. Unwirksam sind hingegen beispielsweise starr formulierte Klauseln die besagen, dass der Mieter "immer" zu einer Renovierung beim Auszug verpflichtet ist, egal in welchem Zustand er die Wohnung übernommen hat. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe hat in mehreren Entscheidungen solche Klausen als unwirksam erachtet. Ebenso unwirksam sind laut dem höchsten deutschen Gericht, auch solche Klauseln, die an den Mietern unrenoviert übergebene Wohnungen betreffen und diesen bei Auszug generell zu einer Schönheitsreparatur verpflichten. Hierzu fällte der Bundesgerichtshof ein wichtiges Grundsatzurteil (Az.: VII ZR 185/14).

Der Deutsche Mieterbund schätzt, dass mindestens in jedem zweiten Mietvertrag es an unwirksamen Klauseln zum Thema Renovierungen gibt. In Altverträgen, die vor dem Jahr 2002 abgeschlossen wurden, dürfte die Dunkelziffer bei schätzungsweise bis zu 75 Prozent betragen. Aber nach wie vor herrscht bei den meisten Wohnungsmietern der irrige Glaube vor, der Vermieter hätte per se nichts mit dem Tapezieren, Streichen oder Parkettschleifen zu tun.

Dabei ist hier die gesetzliche Regelung im Bürgerlichen Gesetzbuch, laut Paragraf 535, eindeutig. Nur in den letzten Jahrzehnten bürgerte sich die Abwälzung der Renovierungsarbeiten zu Ungunsten des Mieters immer mehr ein. Was tatsächlich ein Vermieter vom Mieter verlangen darf, hängt dabei immer vom genauen Wortlaut des Mietvertrages ab. Und je älter ein Mietvertrag ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich auch darin gesetzlich unwirksame Klauseln befinden. Ist darin nur eine einzige, nach den BGH-Vorgaben, für den Mieter unfaire Klausel enthalten, so sind die Mieter von überflüssigen Renovierungsarbeiten meist befreit.

Ein weiteres Urteil im Sinne der Mieter fällte der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes, welches besagt, dass Mieter selbst dann vom Vermieter Geld zurückfordern können, wenn sie bewusst Reparaturen durchführten, zu denen sie nicht verpflichtet waren (Az.: VIII ZR 224/13). Bereits zuvor entschied der BGH, dass Mieter ihr Geld vom Vermieter zurückverlangen können, wenn sie erst nach dem Umzug erkennen, dass ihre durchgeführte Renovierung der Altwohnung völlig unnötig war.

Auch eine starre Fristenregelung, wonach bestimmte Räume in festgelegten Zeitabständen renoviert werden müssen, ist unwirksam (Az.: VIII ZR 360/03). Dies gilt auch in vor allem älteren Verträgen verfasste Formulierungen "wie überlassen" oder "in vertragsmäßigen Zustand". Auch diese Klauseln verpflichten den Mieter nicht zu Schönheitsreparaturen nach dem Auszug (Az.: VIII ZR 339/03 und Az.: VIII ZR 308/02). Des Weiteren müssen auch keine Türen und Fenster gestrichen (Az.: VIII ZR 210/08) oder Decken und Wände geweißt werden (Az.: VIII ZR 47/11). Auch ist die Tapete nach dem Auszug nicht zu entfernen (Az.: VIII ZR 152/05) oder sonstige "nur mit Zustimmung des Vermieters durchgeführten Arbeiten" (Az.: VIII ZR 237/11 und Az.: VIII ZR 199/06).

Grundsätzlich ist eine Mitbeteiligung des Mieters an vom Vermieter durchgeführten Renovierungsarbeiten erlaubt. Unzulässig ist dagegen eine starre prozentuale Quotenregelung (Az.: VIII ZR 52/06). Dies gilt insbesondere auch dann, wenn allein der Vermieter eine bestimmte Malerfirma mit der Renovierung beauftragt (Az.: VIII ZR 285/12). Wer ein Übergabeprotokoll während des Auszugs ausgehändigt bekommt, in dem eine nachträgliche Schönheitsreparatur verlangt wird, braucht diese Formulierung nicht zu akzeptieren. Wenn doch, obwohl die Renovierungsklauseln eindeutig ungültig waren, so ist er wiederum zu einer Renovierung verpflichtet (Az.: VIII ZR 71/08).

Neuere Mietverträge können gleichfalls Schönheitsreparaturen verlangen. Dehnbare Begriffe wie "in der Regel", "ungefähr", "meist" oder "normalerweise alle drei Jahre" sind dann rechtens und verpflichten zur einer Renovierung. Auch Regelungen wie "im Allgemeinen" oder "in der Regel nach spätestens" sind zu akzeptieren (Az.: III ZR 351/04). Der Mieter kann, während des Mietverhältnisses, den Vermieter mit fälligen Schöheitsreparaturen wie beispielsweise dem Tapezieren beauftragen, allerdings hat er dann keine Einflussnahme mehr auf die Farbauswahl. Zu dem muss er eine etwaige Mieterhöhung in Kauf nehmen.

Welche Art von Schönheitsreparaturen dem Mieter abverlangt werden können, hat der Bundesgerichtshof unmissverständlich klargestellt. Hierzu zählen das Tapezieren, das Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen von Heizkörpern und -rohren sowie der Fußböden, Innentüren und der Innenbereich von Fenstern und Außentüren. Hingegen sind das Abschleifen und Neuversiegeln des Parkettbodens ausschließlich Arbeiten, die der Vermieter durchzuführen hat. Und das, völlig unabhängig davon wie es im Mietvertrag formuliert wurde.

Das Selbermachen der Renovierungsarbeiten ist zwar erlaubt, allerdings sollten diese Arbeiten fachgerecht ausgeführt sein. Einfache und nur lässig durchgeführte Hobbyqualität muss der Vermieter hingegen nicht akzeptieren.

Autor:

Heike Frumann aus Alt-Treptow

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