Mein Freund Ali-Ahmad

Zweifelsohne, es gibt sie noch, die rücksichtsvollen, bedachten Autofahrer in dieser Stadt, die gern auch einmal einem Fahrradfahrer die Vorfahrt gewähren, obwohl sie selbst diese beanspruchen könnten;

die auf genügend Seitenabstand achten, nicht so schnell am schwächeren Verkehrsteilnehmer vorbeirauschen, sich nicht die Vorfahrt erzwingen. Die, mit denen man sich verständigen kann, wenn die eine Seite oder die andere einen Fehler begangen hat, die zuhören und für die §1 StVO kein leeres Gesetz ist. Dabei ist das Stresspotential, dem alle Verkehrsteilnehmer dieser Stadt ausgesetzt sind, enorm. Überall hindern Baustellen den Verkehrsfluss, machen Umleitungen die Wege länger, drücken Staus auf`s individuelle Zeitlimit, rauben rücksichtslose Verkehrsteilnehmer einem die Geduld. Da muss man schon ein wenig hartgesotten sein, um den täglichen Kampf auf Berliner Straßen unbeschadet zu bestehen.
Ein Autofahrertypus allerdings rückt seit geraumer Zeit immer wieder in den Focus meiner Aufmerksamkeit: Es ist mein alter Bekannter Ali-Ahmad, sozusagen mein Freund auf der Straße, denn wie gute Freunde teilen wir das gleiche Interesse: das knappe Gut öffentlich zu befahrener Wege in Kreuzberg, Neukölln, Friedrichshain oder Wedding. (Ich habe ihn hier hin und wieder schon erwähnt.) Er ist jung bis mittelalt, kleinasiatisch-familiär geprägt, achtet auf sein Äußeres, mag schicke, schnelle Autos der Oberklasse vor allem zweier deutscher Luxusautomobilhersteller, und wahrscheinlich ist er lieb und nett zu seiner Familie, seiner Freundin oder seinen Kindern. Er ist traditionell-religiös eingebunden, gerät aber öfters in seinem säkularen Umfeld in Widersprüche, die er bislang nicht lösen kann. Man findet ihn hauptsächlich privat aber auch als Taxifahrer. Sehr wahrscheinlich ist, dass er sich so richtig wohl erst mit und in seinem teuren Schlitten fühlt. >Haste was, dann biste wasWas willst du kleine Wanze denn von mir?Will er mir an die Ehre? Gehören Fahrradfahrer nicht in die Wüste?< scheint Ali-Ahmads Blick mir zu verraten und er selbst verrät mir, dass ich mich zum Teufel scheren, meine Mutter f… oder mir sonst was hinten reinschieben soll. Nur einmal zeigte sich Ali-Ahmad zerknirscht, nur ein einziges Mal, bei jenem schon erwähnten Tankstellenvorfall, bei dem ich eine Vollbremsung einleiten musste, um nicht überfahren zu werden. Da saß ein junger Ali-Ahmad am Steuer, Herr über 200 PS, kaum 22 Jahre alt, mit schuldigem Hundeblick, dem ich nicht widerstehen kann. Ich wurde weich, verzieh ihm auf der Stelle, mein Zorn ebbte rasch ab, und ich wusste, Ali-Ahmad wird ein Freund, der meine Hilfe braucht, unbedingt. Seitdem klopfe ich mit mehr Enthusiasmus an Ali-Ahmads Seitenscheibe um ihm - von Freund zu Freund - immer einen guten Rat zu geben.

Autor:

Thomas Kunze aus Friedrichshain

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