Zeitzeugen zur ehemaligen Batteriefabrik gesucht

Uta Fröhlich vom Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit mit Batterie und Taschenlampen von Pertrix. Sie sucht Zeitzeugen. | Foto: Ralf Drescher
  • Uta Fröhlich vom Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit mit Batterie und Taschenlampen von Pertrix. Sie sucht Zeitzeugen.
  • Foto: Ralf Drescher
  • hochgeladen von Ralf Drescher

Niederschöneweide. Das Grundstück Bruno-Bürgel-Weg 69 ist seit Jahren verrammelt, ein Schild weist auf ein Umzugsunternehmen hin. Bis Ende der 90er-Jahre wurden in den Backsteinbauten hinter Pförtnerhaus und Schranke elektrische Batterien produziert.

Während des Zweiten Weltkriegs verließen hier Taschenlampen und die dazu gehörenden Flachbatterien das Werksgelände. Fast alle Lampen und die dazu gehörigen Stromquellen gingen an die Wehrmacht, gedacht für die persönliche Ausrüstung der Soldaten. "In der Pertrix-Batteriefabrik wurden aber auch Zünderbatterien für die Luftwaffe produziert. Wegen der kriegswichtigen Produktion wurden bei Pertrix zahlreiche Zwangsarbeiter eingesetzt", berichtet Uta Fröhlich vom Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit.

Die Historikerin arbeitet die Geschichte des Zwangsarbeitereinsatzes in dem Schöneweider Unternehmen auf. Sie hat bereits mehrere Zeitzeugen gefunden, darunter eine Polin, die bis 1945 bei Pertrix gearbeitet hat. Es gibt Listen mit den Namen von 1200 Menschen, die am Bruno-Bürgel-Weg Zwangsarbeit leisten mussten.

"Frühere Zwangsarbeiter haben von den schlechten und gefährlichen Arbeitsbedingungen berichtet. Unter anderem wurden in der Batteriefabrikation ja giftige Chemikalien eingesetzt. Die ausländischen Arbeiter waren oft so hungrig, dass sie nach eigenen Berichten das Mehl zum Eindicken des Batterieelektrolyts gestohlen und gegessen haben", berichtet Uta Fröhlich.

Zur Pertrix-Batteriefabrik gehörten drei Zwangsarbeiterbaracken auf einem Nachbargrundstück und später noch eine Baracke auf dem eigentlichen Betriebsgelände. Für das Zeitzeugenprojekt des Dokumentationszentrums werden jetzt noch Personen gesucht, die als deutsche Mitarbeiter von Pertrix oder als Anwohner im Umfeld des Unternehmens vom Leben und Einsatz der Zwangsarbeiter berichten können. Außerdem benötigt werden private Fotos oder Filmaufnahmen, die die Arbeit oder das Fabrikgelände während des Krieges oder kurz danach zeigen.

Ein paar Taschenlampen und eine der alten Taschenlampenbatterien hat Historikerin Fröhlich schon als Spende erhalten.

Gesucht wird aber zum Beispiel noch eine der kriegswichtigen Zünderbatterien, mit denen an Bord der Luftwaffenflugzeuge die Bomben kurz vor dem Abwurf scharf gemacht wurden. Im Militärarchiv von Freiburg hatte Uta Fröhlich dazu schon Kopien der Lieferscheine gefunden, mit denen Pertrix-Mitarbeiter die Ablieferung der Batterien an die Luftwaffe dokumentiert hatten.

Wer als Zeitzeuge oder mit Erinnerungsstücken und Dokumenten das Projekt unterstützen möchte, wendet sich bitte direkt an Uta Fröhlich unter froehlich@topographie.de oder 63 90 28 80.
Ralf Drescher / RD
Autor:

Ralf Drescher aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

15 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn Sie Ihren eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben, erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wir informieren Sie
Patientenverfügung und Vorsorge

Wer denkt schon gerne an einen Unfall oder sein Ableben? Doch wenn der Notfall eintritt, stehen unsere Angehörigen vor einer großen Herausforderung. Um ihnen diese Last und Verantwortung zu erleichtern, ist eine Patientenverfügung wichtig. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, seinen eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben. Dadurch erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Ihre Ärzte und...

  • Hermsdorf
  • 08.05.24
  • 64× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.