Bürgerversammlung: Bau am Cornelsenweg wird überdacht

Kampf um jeden grünen Meter: Anwohnerin Jenny Schon hörte bei ihrer Unterschriftensammlung im Sommer großen Zuspruch. | Foto: Schubert
  • Kampf um jeden grünen Meter: Anwohnerin Jenny Schon hörte bei ihrer Unterschriftensammlung im Sommer großen Zuspruch.
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Schmargendorf. Wohnungsbau oder Biotop? Im Fall der Nachverdichtung auf dem Grundstück von "Becker und Kreis" ist wieder alles offen. Und angesichts des Einwohnerantrags zweifeln nun auch Politiker, ob die Cornelsenwegwiese einem Betonriegel weichen muss.

Statt Abendröte lange Schatten und ein Grünzug, den das Grau verschlingt - solche Vorstellungen sorgen an der Sodener Straße für Verdruss. Es tobt der Kampf um eine Wiese. Und 2000 Unterschriften bewirken, dass sich der Bezirk wieder mit einem Wohnungsbauprojekt auseinandersetzen muss, das hier, an einem idyllischen Fleckchen Schmargendorf, sicher schien. 100 neue Mietwohnungen oder Freiraum für die Naherholung? Der Stadtentwicklungsausschuss wird zwischen diesen beiden Aussichten eine Linie finden müssen. Welche Positionen Anwohner und Investor vertreten, ist spätestens seit der jüngsten Einwohnerversammlung allen Verantwortlichen klar.

"Wir werden alle rechtlichen Vorgaben einhalten", verteidigte Matthias Klussmann von der Eigentümergesellschaft "Becker und Kries" sein Bauprojekt. 208 Wohnungen sind seit den 60er-Jahren an der Sodener Straße vorhanden. Man wohne hier zur moderaten Durchschnittsmiete von 6,60 Euro netto kalt. Nun will das Unternehmen lieber fünf neue Baukörper mit 100 Wohnungen errichten als die alten teuer zu modernisieren - und damit dem stark gestiegenen Bedarf an Mietunterkünften Rechnung tragen. Der Hauptkritikpunkt, die Distanz zwischen Bestandsbauten an der Cornelsenwegwiese und den Neubauten auf diesem Grünstreifen sei zu gering, läuft aus Sicht von "Becker und Kries" ins Leere. "Sie ist sogar großzügiger als das, was zulässig wäre", betonte der zuständige Architekt.

Großzügigkeit kann Norbert Machachej von der örtlichen Bürgerinitiative im strittigen Entwurf nicht erkennen. Schon jetzt komme auf jeden Anwohner in dieser Gegend nur 1,5 Quadratmeter Grün. Er befürchtet eine massive Verschattung der Bestandsbauten und eine Versiegelung im kritischen Ausmaß, was zu Hitzestaus und Staubbelastung führt. "Es gibt bei uns ein Bauchgefühl, das wir die Wiese brauchen", fasst er die Bedenken zusammen. Rationale Belege sieht Machachej ebenfalls gegeben. Nämlich in Studien, wonach Grünflächen eine vitale Wirkung haben. Was auf der Wiesenfläche und zwischen den Bestandsbauten zu entstehen droht, nennt Machachej "lebensfeindlich". Ein Ausdruck, den Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD) für überzogen hält.

Trotz Verdichtung bleibe die Wohnsituation relativ komfortabel. "Man kann über die Art und Weise des Vorgehens verhandeln", zeigt er sich für Kompromisse offen. "Aber ich trete grundsätzlich dafür ein, dass wir hier Wohnungen schaffen." Beim Aufstellen des Bebauungsplans würden Bürger beteiligt, steht für Schulte außer Frage.

Vom entschlossenen Auftritt der "Wiesenhüter" beeindruckt zeigten sich Vertreter der BVV-Fraktionen. Ob es eine Bebauung in diesem Umfang sein muss, hält Susanne Klose von der CDU nun für fraglich und möchte über eine Auflockerung reden. Ein klares Nein zur Wiesenbebauung kommt von Grünen-Sprecher Ansgar Gusy. Er wirbt dafür, die Bauten stattdessen auf einer Parkplatzfläche zu konzentrieren. Zwiegespalten bleibt die Fraktion der Piraten, wobei Bauexperte Siegfried Schlosser das Projekt ablehnt. Und die meisten Sympathien für die Nachverdichtung gibt es seitens der SPD, wo Heike-Schmitt Schmelz einen "charmanten Vorteil" ins Blickfeld rückt: "Hier ist der Eigentümer auch Investor und Vermieter." Aber ob ein lückenloser Riegel auf der Wiese die richtige Lösung ist, bezweifelt auch sie.

Thomas Schubert / tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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