Die Spree, in der ich täglich bade: Ein Schwimmer am späteren Bundesratsufer war Lenin

Lenins Badestelle in der Spree. | Foto: KEN
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Ein junger Mann schwimmt jeden Morgen in der Spree. Er geht immer an derselben Stelle ins Wasser, am heutigen Bundesratsufer zwischen der Hausnummer 10 und der Lessingbrücke. Er ist gerade einmal 25 Jahre alt und weit von Zuhause weg. Der gewohnheitsmäßige Schwimmer ist Wladimir Iljitsch Uljanow, genannt Lenin.

Als Lenin nach dem Frühstück seinem allmorgendlichen Wassersport frönte, im Sommer 1895, da hieß der Uferweg noch ganz verwaltungstechnisch „Straße Nr. 34b, Abt. VII“. Erst im April 1904 wurde diese nach dem verfassungsrechtlich obersten Organ im Deutschen Reich von 1871 bis 1918 benannt.

Über die Lessingbrücke hatte es der junge Lenin nicht weit zu seiner Herberge. Ende Juli war er zum ersten Mal nach Berlin gekommen. Unterkunft als Untermieter fand der Sohn eines in den Adel aufgestiegenen Schulinspekteurs und einer deutschstämmigen Gutsbesitzertochter bei „Madam Kurreich“, Gattin eines pensionierten Schutzmanns in der zweiten Etage der damaligen Flensburger Straße 12 im gutbürgerlichen alten Hansaviertel.

Das Quartier wurde seit 1874 auf einem Wiesengelände mit dem Namen „Schöneberger Wiesen“ errichtet. Das Gebiet war gut 100 Jahre zuvor von Schöneberger Bauern gekauft worden.

In einem Brief an seine Mutter schreibt Lenin über sein Domizil für sieben Wochen: „Ich bin durchaus nicht schlecht untergebracht. Wenige Schritte vor meiner Wohnung ist der Tiergarten (ein herrlicher Park, der schönste und größte von Berlin), die Spree in der ich täglich bade, und die Stadtbahnstation.“

Zum Schwimmen und Spazieren ist der junge Rechtsanwalt aber nicht nach Berlin gekommen. Mit derselben Regelmäßigkeit, mit der Lenin morgens schwimmt, besucht er den Großen Lesesaal der „Königlichen Bibliothek“, wo sich heute die Juristische Fakultät der Humboldt-Universität befindet, und studiert die Schriften von Marx und Engels.

Lenin ist Revolutionär. Er wird von der zaristischen Geheimpolizei „Ochrana“ überwacht, weswegen er als offiziellen Grund seiner Reise nach Berlin „Erholungsaufenthalt“ angegeben hat. Lenin sucht in der Stadt Kontakt zu Exil- und ausländischen Sozialisten und hält Reden auf sozialdemokratischen Versammlungen.

Vor dem Ersten Weltkrieg kehrt er noch viermal in die Stadt an der Spree zurück: im Januar 1908 gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin Nadeshda Konstantinowna Krupskaja auf dem Weg ins Exil nach Genf im Dezember 1910, im Herbst 1911 und im Februar 1912. Damals kommt er wieder im Hansa-Viertel unter, diesmal allerdings illegal in der Klopstockstraße 22.

Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

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