„Ich will in der Politik nicht vergreisen": Carsten-Michael Röding zum Abschied im Interview

Vor 17 Jahren Berlins jüngster Stadtrat: Jetzt zieht sich Carsten-Michael Röding aus der Politik zurück. | Foto: Ulrike Kiefert
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Nach 17 Jahren verabschiedet sich Carsten-Michael Röding (CDU) als Stadtrat für Bauen, Planen, Umweltschutz und Wirtschaftsförderung. Im Gespräch mit Volksblatt-Reporterin Ulrike Kiefert zieht er politische und persönliche Bilanz.

1999 hatten Sie für das Amt des Baustadtrats auf Ihr Direktmandat für das Berliner Abgeordnetenhaus verzichtet. Bereuen Sie das heute?

Carsten-M. Röding: Nein, ganz und gar nicht. Ich habe mich damals bewusst für die Kommunalpolitik entschieden. Außerdem entsprach der Posten des Baustadtrats eher meinem Beruf als Diplom-Ingenieur für Architektur. Die Arbeit als Abgeordneter ist ja eher abstrakt.

Sie waren damals erst 27 Jahre alt und Berlins jüngster Stadtrat. Hat Sie das nicht überfordert?

Röding: Mit 27 war mein Respekt vor diesem Job natürlich groß. Ich hatte es mit gestandenen Kollegen und Amtsleitern zu tun, die teilweise schon 30 Jahre im Rathaus tätig waren. Aber es hat sehr gut funktioniert, auch weil alle schnell merkten, dass ich mich wirklich für diese Arbeit interessierte und viel vom Fach verstand. Ich konnte einen Bebauungsplan lesen und Sacharbeit war mir immer schon wichtiger als das Parteipolitische. Natürlich habe ich in den 17 Jahren als CDU-Stadtrat auch die ein oder andere politische Entscheidung getroffen. Aber sie war immer auch fachlich vertretbar.

Sie waren Bezirksverordneter, wurden Stadtrat, Vorsitzender des CDU-Ortsverbands Zitadelle und Mitglied im CDU-Landesvorstand. 2011 waren Sie sogar Bürgermeisterkandidat. Warum ziehen Sie sich aus der aktiven Politik zurück?

Röding: Das haben Sie mich schon mal gefragt. Ich bin nicht amtsmüde. Aber ich will in der Politik nicht vergreisen. Und sie nervt mich zunehmend. Es geht nur noch ums Parteipolitische. Das ist extrem anstrengend. Wie oft musste ich aus meiner Partei den Satz hören: „Carsten, trenne Dich mal von der Sachpolitik“. Es ging in den letzten Jahren im Grunde nur noch darum, dem politischen „Gegner“ zu schaden. So will und wollte ich nie arbeiten.

So deutlich haben Sie das noch nicht formuliert.

Röding: Na sehen Sie. Gut, dass Sie noch mal gefragt haben. Aber ernsthaft. Gerade in der Kommunalpolitik sollte es doch um Sachlichkeit gehen, denn hier können wir wirklich gestalten und konkrete Projekte umsetzen. Das macht es doch so spannend. Darum war ich gerne Stadtrat. Ein tolles Amt.

Bei Ihrer Entscheidung spielte keine Rolle, dass Ihre Partei Gerhard Hanke als Bürgermeisterkandidaten nominiert hat? Ihr, sagen wir mal, angespanntes Verhältnis zu ihm ist ja bekannt.

Röding: Nein, das war nicht der Grund. Ich hatte mich vorher schon entschieden. Aber die Nominierung von Gerhard Hanke hat meinen Entschluss nicht gerade erschwert.

Sie werden ja weiter in der CDU bleiben. Nur haben Sie dann kein Amt mehr. Wie geht es denn persönlich mit Ihnen weiter?

Röding: Ich werde künftig als Technischer Vorstand bei der Charlottenburger Baugenossenschaft arbeiten. Genau das wollte ich. Selbstbestimmt etwas Neues beginnen. Ich bin jetzt 44 Jahre alt, habe eine Frau und zwei Kinder. So leichtfertig gibt man seinen Job da nicht auf. Aber meine Familie steht hinter mir. Die neue Arbeit passt ja auch zu dem, was ich einmal studiert habe. Und vor allem bin ich endlich raus aus dem politischen Haifischbecken.

Es wird Zeit Bilanz zu ziehen. Mit welchen Projekten waren Sie erfolgreich, mit welchen nicht?

Röding: 17 Jahre als Stadtrat, das lässt sich in wenigen Sätzen nur schwer zusammenfassen. Nachhaltige Projekte waren mir immer wichtig. Eines meiner ersten Projekte war die Entwicklung des Ellipsen-Vorplatzes und des Münsinger Parks. Früher gab es dort nur ein Klohäuschen der BVG. Im Park wurden Alkohol und Drogen verkauft, der Rasen war zertreten. Alles in allem unwürdig für einen Platz direkt vor dem Bahnhof, wo täglich viele Menschen ankommen. Weil jedoch ein Investor fehlte, drohte die Parkidee anfangs zu scheitern. Aber wir haben es geschafft und darauf bin ich heute stolz. Ich wollte immer einen grünen Bezirk, in dem sich jeder Spandauer wohlfühlt, mit Radfahr- und Joggingstrecken, Spielplätzen, schönen Grünanlagen und frei zugänglichen Wegen zum Wasser. Dass wir solche Projekte erfolgreich umsetzen konnten, haben wir auch meiner ehemaligen Amtsleiterin Frau Hube zu verdanken.

Für solche Vorzeigeprojekte brauchte es aber vor allem viel Geld.

Röding: Ja, und darum mussten wir oft genug kämpfen. Beim Spektegrünzug zum Beispiel. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung wollte uns dafür zunächst keine Fördermittel geben. Heute finden die Spandauer dort Natur, Erholung und Freizeitspaß. Oder der Bullengrabengrünzug, den wir ohne Drittmittel von der Bahn allein nicht hätten sanieren können. Den Groß-Glienicker See wiederum haben wir auf Spandauer Seite aus Naturschutzmitteln angekauft und für das öffentliche Baden gesichert. Wir haben den Havelradweg ausgebaut, in der Wasserstadt schöne Uferwege angelegt und die Landschaftspflege durch Beweidung vorangetrieben.

Was hat sich in der Stadtentwicklung getan?

Röding: Die Altstadt konnte in das Denkmalschutzprogramm aufgenommen werden. Jetzt fließen Millionen gezielt in Spandaus Zentrum. Zusammen mit Partnern wie dem Wirtschaftshof Spandau und Partner für Spandau haben wir das Altstadtmanagement und den städtebaulichen Denkmalschutz initiiert. Die Inselstadt Gartenfeld wird ein Standort für Wohnen und Arbeiten, wir haben endlich geeignete Investoren für das alte Postgelände gefunden, die Investruine Spandauer Tor abgerissen, den Technopark entwickelt und damit Arbeitsplätze gesichert. Mein persönliches Baby ist das Projekt „Raum für Kinderträume“, in dem wir Spielplätze sicherer, sauberer und schöner machen. Hierfür haben wir über Spandau hinaus viel Anerkennung bekommen. Oder die Reanimation des Gutsparks Neukladow über eine Bürgerstiftung. Ich könnte noch einiges mehr aufzählen. Wir haben seit 1999 über 100 Millionen Euro Fördermittel akquirieren können, aber noch nicht alles verbaut. Es gibt also noch genug zu tun.

Welche Baustellen hinterlassen Sie Ihrem Nachfolger oder Ihrer Nachfolgerin?

Röding: Die Bahnunterführung muss saniert werden, und wir sind bislang leider mit der Entwicklung der Brache am Oberhafen nördlich der Schulenburgstraße gescheitert. Dort wollten wir ein lebendiges Stadtquartier errichten, bekommen von der Senatsverwaltung jedoch keine Unterstützung. Das ist bedauerlich, denn Spandau braucht noch mehr Stadtquartiere, wo Wohnen, Wirtschaft und Wohlfühlen zusammengehören. Das ist nun eine Aufgabe meines Nachfolgers. Und natürlich die weitere Wohnbebauung der Wasserstadt, aber bitte mit Augenmaß.

Was geben Sie Ihrem Nachfolger noch mit auf den Weg?

Röding: Ich würde mir jemanden wünschen, der neben viel Fachkompetenz auch die nötige Begeisterung für städtebauliche Projekte mitbringt und auch bei langwierigen Projekten das Ziel nicht aus den Augen verliert. Spandau hat eine Willkommenskultur für Investoren entwickelt. Das ist wichtig für den Bezirk, der durchaus seine Probleme hat. Vor allem aber sollte das Amt so erhalten bleiben wie es ist, also mit Stadtentwicklung, Grünflächenamt, Straßenbau, Umwelt, Naturschutz und Wirtschaftsförderung.

Herr Röding, auch die Presse darf mal Komplimente machen. Wir werden Sie als kompetenten Gesprächspartner vermissen.

Röding: Vielen Dank.

Autor:

Ulrike Kiefert aus Mitte

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