Quer durchs Tiergartenviertel: die Welt von gestern in einem neuen Buch

Das Buch ist ab sofort im Buchhandel erhältlich. | Foto: Repro: KEN
  • Das Buch ist ab sofort im Buchhandel erhältlich.
  • Foto: Repro: KEN
  • hochgeladen von Karen Noetzel

Tiergarten. Wie gut, dass historische Fotografien so zahlreich überliefert sind. Wir hätten sonst keine Vorstellung von dem einst so lebhaften und mondänen Tiergartenviertel, das im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges und durch die NS-Planungen für die Hauptstadt „Germania“ untergegangen ist.

„Heute fällt es schwer zu glauben, das sich um das Jahr 1900 genau in dieser Gegend eines der attraktivsten Wohngebiete Berlins befand“, schreibt Michael Eissenhauer. Der Generaldirektor der Staatlichen Museen zu Berlin ist Herausgeber des knapp 100 Seiten starken Buches der Historikerin und freien Autorin Katrin Wehry.

In „Quer durchs Tiergartenviertel“ werden rund 40 der einstigen illustren Bewohner des Quartiers mit je einem Porträtfoto und einer Aufnahme ihres Wohnhauses vorgestellt. Dieser Bilderbogen, der das ab der Mitte des 19. Jahrhunderts beliebte Wohngebiet des Berliner Bürgertums, aber auch der Kunstschaffenden illustriert, wird ergänzt von historischen und aktuellen Aufnahmen städtebaulich bedeutsamer Straßen und Plätze wie Potsdamer Brücke und Potsdamer Platz, Kemperplatz und der nicht mehr existierende Siegesallee. Sie verlief zwischen Kemperplatz und Königsplatz, heute Platz der Republik. Marcellus Schiffer beschrieb sie in der Vossischen Zeitung vom 13. Juli 1926 als „eine erstklassige Berliner Kuriosität“, in der die Hohenzollern „alle nebeneinander wie aus Mehl gebacken“ stehen.

Es schmerzt den „dramatischen Wandel“ zu sehen, den das historische Tiergartenviertel erleiden musste, so Kirsti Kriegel vom Nicolai-Verlag, in dem die Publikation erschienen ist. Von den alten Bauwerken ist heute so gut wie nichts mehr übrig. Zu nennen sind die St. Matthäus-Kirche, die nach dem Verleger Paul Parey (1842-1900) benannte Villa Parey in der Sigismundstraße, die heute in die Gemäldegalerie integriert ist, und die Villa Gontard, der Sitz der Generaldirektion der Staatlichen Museen zu Berlin, in der Stauffenbergstraße.

Wie tröstlich sind also die alten Aufnahmen in dem sehr schön gegliederten Buch von Wehry und Eissenhauer. Sie erzählen von mehrgeschossigen Wohnhäusern, Stadt- und Mietvillen, großen Prachvillen in großzügig angelegten Gärten, von Botschaftsgebäuden, Konsulaten und Verwaltungsgebäuden – und von ihren Bewohnern.

Industrielle und Künstler

Das waren nicht nur die Wohlhabenden, die Großbürger und Industriellen wie der AEG-Gründer Emil Rathenau. Hier ließen sich auch prominente Wissenschaftler, Künstler und Galeristen nieder, ein Who is who der damaligen Epoche: Georg Kolbe, Adolph Menzel, Anton von Werner und Max Liebermann, die Vettern Bruno und Paul Cassirer, Tilla Durieux und Carl Zuckmayer.

Auch an andere bedeutende Frauen hat Katrin Wehry gedacht: an die Frauenrechtlerin Hedwig Dohm und an die Malerin Luise Begas-von Parmentier oder an die Salonièren Cornelie Richter, Tochter von Giacomo Meyerbeer, Felicie Bernstein und Marie von Olfers.

„Quer durchs Tiergartenviertel“ lädt ein zu einem Rundgang durchs Quartier. Dabei helfen ein historischer und ein aktueller Stadtplan zum Ausklappen. KEN

Katrin Wehry "Quer durchs Tiergartenviertel. Das historische Quartier und seine Bewohner", ISBN 978-3-89479-946-5. Das Buch kostet im Buchhandel 16,95 Euro; www.nicolai-verlag.de.
Autor:

Karen Noetzel aus Schöneberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

19 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn Sie Ihren eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben, erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wir informieren Sie
Patientenverfügung und Vorsorge

Wer denkt schon gerne an einen Unfall oder sein Ableben? Doch wenn der Notfall eintritt, stehen unsere Angehörigen vor einer großen Herausforderung. Um ihnen diese Last und Verantwortung zu erleichtern, ist eine Patientenverfügung wichtig. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, seinen eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben. Dadurch erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Ihre Ärzte und...

  • Hermsdorf
  • 08.05.24
  • 264× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Chronische Bauchschmerzen können das Leben stark beeinträchtigen.

Lösungsansätze
Chronische Bauchschmerzen verstehen

Chronische Bauchschmerzen sind definiert als konstante oder wiederkehrende Schmerzen, die drei Monate oder länger anhalten und das Leben stark beeinträchtigen können. Aber was steckt hinter diesen Schmerzen? Die möglichen Ursachen sind vielfältig und erfordern häufig eine umfangreiche Diagnostik. Rund 30 % der Betroffenen erhalten nach dem Hausarztbesuch keine spezifische Diagnose. Doch warum ist das so? Wir laden Sie ein, mehr über chronische Bauchschmerzen zu erfahren, warum eine Koloskopie...

  • Hermsdorf
  • 10.05.24
  • 93× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.