„Berlin.Plattenbau“ von Diana Lehmann
Romandebüt über einen krassen Fall von Kindervernachlässigung

Diana Lehmann entscheidet als Mitarbeiterin des Jugendamtes über das Schicksal von Familien. Als Autorin setzt sie sich mit den damit verbundenen Problemen auseinander.  | Foto: hari
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  • Diana Lehmann entscheidet als Mitarbeiterin des Jugendamtes über das Schicksal von Familien. Als Autorin setzt sie sich mit den damit verbundenen Problemen auseinander.
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Diana Lehmmann arbeitet im Regionalen Sozialen Dienst des Jugendamtes. Ihre Erfahrungen Im Kinderschutz des Bezirksamtes hat sie zu einem Roman verarbeitet.

Der Roman von Diana Lehmann (37) heißt „Berlin.Plattenbau“ und erzählt einen krassen Fall von Kindesvernachlässigung, eingeschlossen mehrfachen Kindesmissbrauch. Die Autorin bearbeitet seit 2016 Jugendhilfefälle im Jugendamt des Bezirks. Zuvor hat sie rund vier Jahre bei einem freien Träger der Jugendhilfe in Hellersdorf in der Kinderbetreuung gearbeitet.

Sie erzählt ihren Roman im Wesentlichen aus zwei Perspektiven: Die eine ist die der 15-Jährigen Leni Steffens, die das Tagore Gymnasium besucht und die andere die von Ewa Degenhardt, einer Jugendsozialarbeiterin. Leni lebt bei ihrer Mutter und ihrem Stiefvater in einer Plattenbauwohnung an der Sella-Hasse-Straße. Weil die Eltern es nicht tun, kümmert sie sich um ihre drei jüngeren Halbgeschwister. Die Eltern setzen das wenige zur Verfügung stehende Geld lieber in Alkohol um. Die Wohnung ist verwahrlost.

Das fällt Lenis Lehrerin bei einem unangekündigten Besuch auf, die daraufhin das Jugendamt informiert. Von da an wird Lenis weiteres Schicksal und das ihrer Geschwister von Ewa Degenhardt begleitet. Das beginnt mit Bemühungen um Kooperation seitens der Eltern, umfasst Versuche, Hilfe und Unterstützung für die Familie zu organisieren. Alles mündet, weil die Eltern erneut versagen, in einem Desaster. Die Kinder müssen vom Jugendamt in Obhut genommen werden. Die von ihrem Lebensgefährten im Suff verprügelte Mutter liegt im Krankenhaus im Koma.

Das ist gewiss einer der krasseren Fälle, mit denen die Autorin in ihrem Berufsleben zu tun hat. Sie nutzt dabei das Moment der Authentizität, um die Glaubwürdigkeit der Geschichte zu unterstreichen.

Die Autorin wirft im Rahmen des von ihr geknüpften Spannungsfadens im Gestrüpp widersprüchlicher Bindungen und Gefühle schwierige Fragen auf: Warum klammern sich Kinder fast bis zu zuletzt an Eltern, die Liebe so gar nicht verdient haben?

Das gilt ähnlich für Fragen der Verantwortung von Staat und Gesellschaft. Warum dauert es so lange, bis die Staatsmacht in Gestalt von Jugendamt entschieden auf Wortbrüche der Eltern reagiert und die Wohnungstür nach Lenis zwischenzeitlichem Verschwinden durch die Polizei gewaltsam öffnen zu lassen? Auch hier versucht die Autorin über den Faden der Geschichte Erklärungen zu vermitteln, etwa die Personenrechte, die auch Menschen zustehen, die als Eltern versagen.

Schon der Titel des Romans „Berlin.Plattenbau“ spielt mit den Klischees über den Bezirk. Die Handlung zeigt dessen dunkelsten Seiten, von der grauen „Platte“, der Anonymität in den Hochhäusern bis zur Gleichgültigkeit der Mitmenschen. Der Appell ist unmissverständlich, bei allem Respekt vor der Privatsphäre gelegentlich genauer hinzuschauen, besonders wenn es um Kinder geht.

Ihr Debütroman „Berlin.Plattenbau“ ist im Selbstverlag erschienen und umfasst 376 Seiten. Er kostet als Buch 16,99 Euro, als e-Book 4,99 Euro. ISBN: 978-3-00-064360-6.

Diana Lehmann entscheidet als Mitarbeiterin des Jugendamtes über das Schicksal von Familien. Als Autorin setzt sie sich mit den damit verbundenen Problemen auseinander.  | Foto: hari
Diana Lehmann hat ihren ersten Roman geschrieben. Darin setzt sich die Mitarbeiterin des Jugendamtes mit dem Schicksal vernachlässigter und missbrauchter Kinder auseinander.  | Foto: hari
Autor:

Harald Ritter aus Marzahn

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