Im Hansaviertel wurden Stolpersteine für NS-Opfer verlegt
Als in Vorbereitung der Internationalen Bauausstellung Mitte der 50er-Jahre im Hansaviertel die Betonmischer angeworfen wurden, galten alle Bemühungen der "Stadt von morgen." International bekannte Architekten zeigten bei der "IBA 1957", wohin die Reise ihrer Meinung nach in Sachen Architektur, Freiraumplanung und Städtebau gehen sollte. Dass hinter diesem Zukunftsoptimismus auch eine dunkle Vergangenheit gelegen hatte, geriet dabei in den Hintergrund. "Das Geschichtsbewusstsein bei den heutigen Bewohnern setzt 1957 ein", sagt Tatjana Ruge vom Bürgerverein Hansaviertel. Die wenigen Bewohner, die nach dem Krieg die Reste des alten Viertels bewohnt hatten, mussten gehen, als ihre Häuser abgerissen wurden. "Und kamen meist nicht mehr zurück", so Ruge. Wer sollte sich also noch daran erinnern, wer vor Beginn der NS-Zeit rund um den Hansaplatz gewohnt hatte? Tatjana Ruge hat sich in den vergangenen Jahren mit diesem Thema auseinandergesetzt und die Daten von rund 1300 Juden zusammengetragen, die aus dem Hansaviertel deportiert und später ermordet wurden. Der Ortsteil war neben dem Scheunen- und dem Bayerischen Viertel eines der Quartiere mit der höchsten jüdischen Bevölkerungsdichte in Berlin gewesen.
Der Bürgerverein, so sein Vorsitzender Thilo Geisler, habe lange überlegt, was eine passende Form des Gedenkens sei. Weil es in der nahe gelegenen Levetzowstraße schon ein großes Denkmal für die Deportation jüdischer Berliner gibt, habe man sich nicht "mit einem weiteren Mahnmal wichtigmachen" wollen.
Deshalb nun erst einmal die Lösung mit den Stolpersteinen des Künstlers Gunter Demnig, die "exemplarisch" für 16 der rund 1300 Opfer Ende November verlegt wurden. "Dabei haben wir geschaut, wer seine Wohnung an den heute zentralen Orten hatte", erklärt Ruge. Verlegt wurden die Steine unter anderem vor dem Grips-Theater, der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche, der Hansabibliothek und der Akademie der Künste.
Autor:Ralf Liptau aus Tiergarten |
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