Im Hansaviertel wurden Stolpersteine für NS-Opfer verlegt

Die Stolpersteine werden verlegt: Der Künstler Gunter Demnig (links) und der Präsident der Akademie der Künste, Klaus Staeck (hinten). | Foto: Liptau
  • Die Stolpersteine werden verlegt: Der Künstler Gunter Demnig (links) und der Präsident der Akademie der Künste, Klaus Staeck (hinten).
  • Foto: Liptau
  • hochgeladen von Ralf Liptau

Hansaviertel. Ihre eigene Vergangenheit haben die Bewohner des neuen Hansaviertels erst in den vergangenen Jahren entdeckt: Der Bürgerverein hat Nachforschungen zu den deportierten und ermordeten ehemaligen Bewohnern angestrengt und nun "exemplarisch" erst einmal 16 Stolpersteine für rund 1300 ermordete Juden verlegt.

Als in Vorbereitung der Internationalen Bauausstellung Mitte der 50er-Jahre im Hansaviertel die Betonmischer angeworfen wurden, galten alle Bemühungen der "Stadt von morgen." International bekannte Architekten zeigten bei der "IBA 1957", wohin die Reise ihrer Meinung nach in Sachen Architektur, Freiraumplanung und Städtebau gehen sollte. Dass hinter diesem Zukunftsoptimismus auch eine dunkle Vergangenheit gelegen hatte, geriet dabei in den Hintergrund. "Das Geschichtsbewusstsein bei den heutigen Bewohnern setzt 1957 ein", sagt Tatjana Ruge vom Bürgerverein Hansaviertel. Die wenigen Bewohner, die nach dem Krieg die Reste des alten Viertels bewohnt hatten, mussten gehen, als ihre Häuser abgerissen wurden. "Und kamen meist nicht mehr zurück", so Ruge. Wer sollte sich also noch daran erinnern, wer vor Beginn der NS-Zeit rund um den Hansaplatz gewohnt hatte? Tatjana Ruge hat sich in den vergangenen Jahren mit diesem Thema auseinandergesetzt und die Daten von rund 1300 Juden zusammengetragen, die aus dem Hansaviertel deportiert und später ermordet wurden. Der Ortsteil war neben dem Scheunen- und dem Bayerischen Viertel eines der Quartiere mit der höchsten jüdischen Bevölkerungsdichte in Berlin gewesen.

Der Bürgerverein, so sein Vorsitzender Thilo Geisler, habe lange überlegt, was eine passende Form des Gedenkens sei. Weil es in der nahe gelegenen Levetzowstraße schon ein großes Denkmal für die Deportation jüdischer Berliner gibt, habe man sich nicht "mit einem weiteren Mahnmal wichtigmachen" wollen.

Deshalb nun erst einmal die Lösung mit den Stolpersteinen des Künstlers Gunter Demnig, die "exemplarisch" für 16 der rund 1300 Opfer Ende November verlegt wurden. "Dabei haben wir geschaut, wer seine Wohnung an den heute zentralen Orten hatte", erklärt Ruge. Verlegt wurden die Steine unter anderem vor dem Grips-Theater, der Kaiser-Friedrich-Gedächtniskirche, der Hansabibliothek und der Akademie der Künste.

Ralf Liptau / flip
Autor:

Ralf Liptau aus Tiergarten

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

Folgen Sie diesem Profil als Erste/r

Kommentare

Kommentare sind deaktiviert.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn Sie Ihren eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben, erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wir informieren Sie
Patientenverfügung und Vorsorge

Wer denkt schon gerne an einen Unfall oder sein Ableben? Doch wenn der Notfall eintritt, stehen unsere Angehörigen vor einer großen Herausforderung. Um ihnen diese Last und Verantwortung zu erleichtern, ist eine Patientenverfügung wichtig. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, seinen eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben. Dadurch erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Ihre Ärzte und...

  • Hermsdorf
  • 08.05.24
  • 264× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Chronische Bauchschmerzen können das Leben stark beeinträchtigen.

Lösungsansätze
Chronische Bauchschmerzen verstehen

Chronische Bauchschmerzen sind definiert als konstante oder wiederkehrende Schmerzen, die drei Monate oder länger anhalten und das Leben stark beeinträchtigen können. Aber was steckt hinter diesen Schmerzen? Die möglichen Ursachen sind vielfältig und erfordern häufig eine umfangreiche Diagnostik. Rund 30 % der Betroffenen erhalten nach dem Hausarztbesuch keine spezifische Diagnose. Doch warum ist das so? Wir laden Sie ein, mehr über chronische Bauchschmerzen zu erfahren, warum eine Koloskopie...

  • Hermsdorf
  • 10.05.24
  • 91× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.