Wieviel Kunst ist erlaubt: Streit um neues Fassadenbild

Die Elternvertreterinnen der Kita Nordwest und Felix Schönebeck (r.) von "I Love Tegel" sind über das neue Kunstwerk nicht sonderlich erfreut. | Foto: privat
5Bilder
  • Die Elternvertreterinnen der Kita Nordwest und Felix Schönebeck (r.) von "I Love Tegel" sind über das neue Kunstwerk nicht sonderlich erfreut.
  • Foto: privat
  • hochgeladen von Berit Müller

Tegel. Was kann Kunst, was darf Kunst? Darüber streiten die Menschen wohl, seit es den Begriff gibt. Auch in Tegel-Süd ist jetzt eine Debatte entbrannt – ums 42 Meter hohe Fassadenbild des spanischen Künstlers Borondo in der Neheimer Straße 8. Anwohner protestieren mit Unterschriften.

Düster und brutal sei das Bild. Wie ein Szenario aus einem Horrorfilm. „So etwas hat in einem Wohngebiet nichts zu suchen“, sagt Felix Schönebeck. Der Chef der Kiezinitiative „I love Tegel“ ärgert sich nicht allein übers neue Wandkunstwerk; erheblichen Unmut gebe es in der Nachbarschaft, erzählt Schönebeck, der mit vielen Anwohnern gesprochen hat. „Bei allem Verständnis für Kunst – gleich nebenan gibt‘s eine Kita, da ist das Motiv einfach fehl am Platz.“

In der Tat hat Streetart-Künstler Borondo für sein Tegeler Fassadenbild kein leicht verdauliches Sujet gewählt. Zu sehen ist ein Mädchen, das in einer Blutlache steht. Die Kleine schaut in einen mit dunklen Wolken behangenen Wald und auf eine fast nackte Figur, die von etlichen Pfeilen durchbohrt quasi an einen Baum gespießt worden ist.

„Die Interpretation seiner Werke überlässt Borondo grundsätzlich dem Betrachter – aber natürlich ist offensichtlich, dass er sich hier des Flüchtlingsthemas angenommen hat“, erklärt Volker Hartig, Sprecher der Gewobag. Mit seinem Netzwerk „Urban Nation“ ist das Wohnungsunternehmen Auftraggeber der Fassadengestaltung – und als solcher erster Adressat der Anwohnerkritik. „Es liegt in der Natur der Kunst, dass sie Diskussionen anstoßen soll“, sagt Hartig dazu. „Sie soll auch ermutigen, sich mit neuen, umstrittenen Themen auseinanderzusetzen.“ Der Gewobag-Sprecher verweist zudem auf eine optimistische Interpretationsvariante. So vermittle das Bild durchaus Hoffnung, weil das blutende Mädchen einen Menschen sehe, der – obwohl von Pfeilen getroffen – aufrecht stehe und stark sei. Borondo selbst interpretiere die Person als Analogie zum Heiligen Sebastian, der die Pfeil-Attacke überlebt habe.

Felix Schönebeck und der CDU-Wahlkreiskandidat Stephan Schmidt, der sich in die Debatte eingeschaltet hat, legen keinen Wert auf Interpretationen. „Das Kunstprojekt soll die Wohngegend aufwerten“, sagt Schmidt. „Das schafft dieses Bild nicht.“ Hauptkritik in Richtung Gewobag: „Man hätte das Ganze vorab mit den Anwohnern abstimmen können. Die fühlen sich jetzt überrumpelt, und ich kann das verstehen.“

Reden will die Gewobag mit den Mietern - allerdings erst, wenn das Gesamtprojekt fertig gestellt ist. Der so genannte „Artpark Tegel“ umfasst insgesamt sieben Fassadenbilder im Wohngebiet, fünf sind bereits vollendet. Zuletzt hatten die Niederländer Collin van der Slujis und Super A die Rückwand der Neheimer Straße 6 mit einem überdimensionalen Star verziert. Das Vogelbild hatte seitens der Nachbarschaft viel Lob geerntet. „Es ist aber erwartbar, dass nicht immer alle Werke allen Betrachtern gleich gut gefallen“, so Volker Hartig.

Ob sich die Anwohner von diesem Argument überzeugen lassen, ist fraglich. Felix Schönebeck und Stephan Schmidt haben eine Unterschriften-Aktion gegen das Borondo-Kunstwerk gestartet. bm

Autor:

Berit Müller aus Lichtenberg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

5 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Vernachlässigen Sie nicht Ihre Füße. Dieses wichtige Körperteil trägt uns durchs Leben.

Probleme und ihre Lösungen
Probleme rund um den ganzen Fuß

Haben Sie Ihren Füßen jemals gebührende Aufmerksamkeit geschenkt? Oft vernachlässigen wir sie, solange sie funktionieren und schmerzfrei sind. Sobald Beschwerden auftreten, wird uns die Bedeutung dieses komplexen Körperteils schlagartig bewusst. Unsere zertifizierten Fußchirurgen geben Ihnen Einblicke in die Anatomie des Fußes und behandeln gezielt Fehlstellungen und Verletzungen mit innovativen Lösungsansätzen. Erfahren Sie mehr über Fußprobleme wie Achillessehnenbeschwerden,...

  • Hermsdorf
  • 25.04.24
  • 187× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Veggie & Vega in der Gneisenaustraße 5.
6 Bilder

Veggie & Vega Restaurant
Gesundes Essen mit exzellentem Geschmack

Seit Frühjahr 2023 existiert das Restaurant Veggie & Vega in Kreuzberg, das eine Vielzahl an vegetarischen sowie veganen Speisen aus der (süd)indischen Küche anbietet. "Gesund" lautet hier dementsprechend das Motto, wobei alle Gerichte durch die spezielle Komposition von frischen Zutaten und den ganz passenden Gewürzen zu einem wahren Gaumenschmaus fusionieren. Die vegetarische oder vegane Ernährungsform ist seit Langem nicht nur ein Trend, sondern vielmehr eine Lebenseinstellung, der immer...

  • Kreuzberg
  • 25.04.24
  • 165× gelesen
WirtschaftAnzeige
Das Restaurant Chettinad finden Sie seit Herbst 2023 auch im Food Court im The Playce am Potsdamer Platz.
5 Bilder

Chettinad im Manifesto Market
Indien zu Gast im The Playce

Im ersten Oberschoss des populären Food Court im The Playce am Potsdamer Platz präsentiert sich seit Herbst 2023 auch das Restaurant Chettinad, das seine typisch indischen Spezialitäten somit an drei Berliner Standorten sehr eindrucksvoll präsentiert. Auch am Hotspot am Potsdamer Platz werden neben diversen landestypischen Suppen und Vorspeisen auch zahlreiche Hauptgerichte serviert, die ganz nach Belieben für eine kulinarische Reise der besonderen Art sorgen. Zu den Highlights zählen dabei...

  • Tiergarten
  • 24.04.24
  • 226× gelesen
WirtschaftAnzeige
Foto: pexels/Giulia Freitas
5 Bilder

Mode oder mehr?
Piercing. Von alten Ritualen bis zu moderner Kunst

Ist das Modeakzent oder kulturelles Erbe? Auf jeden Fall ist Piercing die beliebteste und gefragteste Körpermodifikation der Welt, die sowohl persönliche Vorlieben und Modetrends als auch tiefe kulturelle Traditionen widerspiegelt. Was ein modisches Piercing heute ist und wie es sich im Laufe der Zeit verändert hat, erfahren wir zusammen mit VEAN TATTOO in diesem Artikel. Eine der beliebtesten Arten von Piercings ist das Ohrlochstechen. Ein Klassiker aller Zeiten, ist das wirklich so und woher...

  • Mitte
  • 17.04.24
  • 603× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.