Flüchtlingskrise birgt Herausforderungen

Ehemaliges Rathaus am Limit: In mehreren Schichten arbeiten Freiwillige und der Arbeiter-Samariter-Bund zum Wohle von deutlich über 500 Bewohnern. | Foto: Thomas Schubert
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Charlottenburg-Wilmersdorf. Knapp 2200 Flüchtlinge in sieben Einrichtungen – und kein Ende in Sicht. Mit enormer Hilfsbereitschaft versuchen Bürger im Bezirk wettzumachen, was die Weltlage ihnen einbringt. Nach der Eröffnung von Heimen im Rathaus Wilmersdorf und den Turnhallen im Olympiapark werden weitere folgen.

Sie arbeiten unbezahlt in Schichten, organisieren sich in Echtzeit über soziale Netzwerke, unterstützen Flüchtlinge in jeder nur möglichen Form. Doch die Herausforderungen für engagierte Bürger in Charlottenburg-Wilmersdorf werden eher noch größer werden. Diese Nachricht ergibt sich aus den Ereignissen der vergangenen Wochen – den Eröffnungen von Heimen im ehemaligen Rathaus Wilmersdorf, in den Sporthallen an der Glockenturmstraße und der geplanten Eröffnung im früheren Bankgebäude in der Bundesallee 171.

Hier wird das verantwortliche Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) in Kürze eine Nebenstelle seiner in der Turmstraße gelegenen Zentrale eröffnen. Ein genauer Termin wurde zwar nicht genannt, „aber es handelt sich wohl nur um Wochen“, erklärt Sozialstadtrat Carsten Engelmann (CDU). Die Entscheidung sei offenbar mit Blick auf den bevorstehenden Winter gefallen – denn das Bankgebäude verfügt anders als der Lageso-Sitz in Moabit über einen großen beheizbaren Warteraum und bietet den Flüchtlingen kurze Wege. Bezirksbürgermeister Reinhard Naumann (SPD) und Stadtrat Engelmann sehen es als Verdienst der hoch engagierten Bürger an, dass die Krise im Bezirk bisher zu meistern war. Allein das Netzwerk „Wilmersdorf hilft“ verfügt über 4000 registrierte Helfer – zugleich sind staatliche Stellen laut Engelmann „überstark belastet.“

Nach einer Besichtigung der nunmehr sieben Flüchtlingseinrichtungen in der City West sieht er lediglich die Verhältnisse im Rathaus Wilmersdorf als problematisch an. „Katastrophale Verhältnisse“ herrschen dort in der provisorischen Küche. „Von Rechtswegen hätten wir sie sofort schließen müssen“, macht Engelmann klar. Doch ein Monat nach der Eröffnung lieferte ein Großspender nun immerhin die lang vermissten Waschmaschinen. Kühlaggregate für Lebensmittel sollen folgen. Unter den schwierigen Bedingungen sei die Leistung des Arbeiter-Samariter-Bundes und seiner Helfer vorbildlich, zumal man spezielle Räume für die medizinische Versorgung und Frauen mit Säuglingen einrichten konnte.

SPD-Politikerin Annegret Hansen, die selbst vor Ort im Einsatz ist, bedankt sich für das Entgegenkommen der Behörden, macht aber deutlich, dass die Einrichtungen am Limit fährt. Man habe wegen der Überbelegung Flüchtlinge in die beschlagnahmten Turnhallen in Westend schicken müssen, wo sie dann auf dem Fußboden schliefen.

Hansen lobt ein „sensationell funktionierendes Netzwerk von Deutschlehrern“ und die Arbeit der Krankenstation, die von Apothekern versorgt wird – „man ruft an und die Spende steht vor der Tür.“ Nach Beschlüssen der BVV soll das Bezirksamt nun ein zentrales Spendenlager einrichten, da die Haufenweise angelieferten Hilfsgüter Raum für Betten verstellen. Zur Abstimmung kam auch ein Antrag, wonach leerstehende Gewerberäume nach Möglichkeiten für die Flüchtlingsunterbringung herhalten sollen – und ein Gesuch, die Heime mit W-Lan auszurüsten. So könnten die Bewohner leichter mit Angehörigen kommunizieren.

Ob und wann auch das leerstehende Kongresszentrum ICC als Heim herhalten wird, konnte Stadtrat Engelmann zuletzt nicht sagen. Das Lageso betrachte den Bau derzeit nur als „Unterkunft zweiter Ordnung." Welchen Vorzug eine Nutzung hätte, liegt auf der Hand: auch hier hätte man ein großflächiges Foyer als Wartehalle. So stehen die Bemühungen von Bürgern, Politikern und Behörden derzeit im Zeichen des nahenden Winters. Dann muss aus Sicht von Bürgermeister Naumann die Flüchtlingsunterbringung so gut funktionieren, dass sie nicht mit der Obdachlosenhilfe kollidiert – „Kältetonnen im Zusammenhang mit dem Flüchtlingsproblem darf es nicht geben.“ tsc

Autor:

Thomas Schubert aus Charlottenburg

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