"Misery" als finstere Premiere im Schlosspark-Theater

Schwer verletzt ans Bett gefesselt, ist Paul (Jörg Schüttauf) derdurchgeknallten Annie (Franziska Troegner) ausgeliefert. | Foto: DERDEHMEL/Urbschat
3Bilder
  • Schwer verletzt ans Bett gefesselt, ist Paul (Jörg Schüttauf) derdurchgeknallten Annie (Franziska Troegner) ausgeliefert.
  • Foto: DERDEHMEL/Urbschat
  • hochgeladen von Karla Rabe

Steglitz. Die Bühne ist in tiefes Schwarz getaucht. Im Hintergrund gibt eine Lampe gespenstisches Licht. Eins der wenigen Requisiten ist ein Bett. Hier beginnt das Martyrium des Schriftstellers Paul Sheldon. Das gemütliche Schlosspark-Theater wandelt sich mit der "Misery"-Aufführung zur Horror-Bühne.

Gerade hat der Bestsellerautor für seine Kitschromane um Romanheldin Misery einen Preis bekommen. Auf der Heimfahrt von der Preisverleihung passiert’s: Paul gerät in einen Schneesturm und landet im Straßengraben. Annie Wilkes rettet ihn vor dem Kältetod und nimmt den schwer Verletzten mit in ihr einsames Haus irgendwo im Nirgendwo. Ein schauriges Kammerspiel beginnt.

Die Krankenschwester Annie entpuppt sich als Pauls größter Fan. Wobei Fan hier im negativen Sinne des Wortes zu verstehen ist: fanatisch verehrt sie den Erschaffer ihrer Lieblingsheldin Misery. Als sie herausfindet, dass der Autor seine Romanheldin sterben lässt und damit die Misery-Serie beenden will, zeigt Annie ihre dunkle Seite. Sie zwingt den Autor, seinen neuen Roman zu verbrennen, mit dem er sich eigentlich als ernsthafter Schriftsteller etablieren wollte. Stattdessen nötigt Annie ihn, Misery wieder aufleben zu lassen und eine neue Fortsetzung des Romans zu schreiben.

Franziska Troegner gelingt ein beeindruckendes Psychogramm der geistesgestörten Ex-Krankenschwester, die bereits eine Karriere als Todesengel hinter sich hat. Ob kindlich naive Bewunderin ihres Lieblingsautors oder grausamen Furie - jede Seite der gestörten Persönlichkeit spielt Troegner mit einer Intensität, die dem Publikum eiskalte Schauer über den Rücken laufen lässt. Ganz klar zeigt Troegner alias Annie, wer in diesem Psychoduell die Macht hat. Böse, böse Annie.

Ein gutes Händchen hat auch Regisseur Thomas Schendel bei der Besetzung des Paul Sheldon bewiesen. Jörg Schüttauf lässt das Publikum seine Schmerzen regelrecht mitleiden. Ob im Bett liegend oder im Rollstuhl über die schwarze Bühne irrend, der Zuschauer spürt seine Panik vor Annie und ist erleichtert, wenn er mal die Oberhand gewinnt.

Denn am Ende schlüpft Paul immer wieder aus seiner Opferrolle. Er erpresst Annie seinerseits, in dem er droht, das neue und von ihr erzwungene Misery-Manuskript zu vernichten.

Der eiskalte Plot ist aber auch durchaus unterhaltsam. Neben aller Furchtbarkeit gibt es auch Szenen zum Schmunzeln, auch wenn einem im nächsten Moment das Lachen im Halse stecken bleibt. Mit "Misery" hat Thomas Schendel eine gelungene Inszenierung auf die Bühne gebracht, die dem Schlosspark-Theater eine neue, finstere Facette verleiht.

Daria Kornyshevas sorgt mit schwarzem Bühnenbild und der unheimlichen Beleuchtung für eine beklemmende Stimmung.

"Misery" im Schlosspark-Theater in der Schloßstraße 48. Die nächsten Aufführungstermine und Karten ab 18 Euro gibt es unter 78 95 66 71 00 oder www.schlossparktheater.de.
Karla Menge / KM
Autor:

Karla Rabe aus Steglitz

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

29 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn Sie Ihren eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben, erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wir informieren Sie
Patientenverfügung und Vorsorge

Wer denkt schon gerne an einen Unfall oder sein Ableben? Doch wenn der Notfall eintritt, stehen unsere Angehörigen vor einer großen Herausforderung. Um ihnen diese Last und Verantwortung zu erleichtern, ist eine Patientenverfügung wichtig. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, seinen eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben. Dadurch erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Ihre Ärzte und...

  • Hermsdorf
  • 08.05.24
  • 266× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Chronische Bauchschmerzen können das Leben stark beeinträchtigen.

Lösungsansätze
Chronische Bauchschmerzen verstehen

Chronische Bauchschmerzen sind definiert als konstante oder wiederkehrende Schmerzen, die drei Monate oder länger anhalten und das Leben stark beeinträchtigen können. Aber was steckt hinter diesen Schmerzen? Die möglichen Ursachen sind vielfältig und erfordern häufig eine umfangreiche Diagnostik. Rund 30 % der Betroffenen erhalten nach dem Hausarztbesuch keine spezifische Diagnose. Doch warum ist das so? Wir laden Sie ein, mehr über chronische Bauchschmerzen zu erfahren, warum eine Koloskopie...

  • Hermsdorf
  • 10.05.24
  • 94× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.