Streit um "Happy Go Lucky"-Fassade nimmt kein Ende

Auch Touristen, die nicht hier logieren, halten an und fotografieren die umstrittene Fassade des "Happy Go Lucky"-Hostels am Stuttgarter Platz. | Foto: Matthias Vogel
  • Auch Touristen, die nicht hier logieren, halten an und fotografieren die umstrittene Fassade des "Happy Go Lucky"-Hostels am Stuttgarter Platz.
  • Foto: Matthias Vogel
  • hochgeladen von Matthias Vogel

Charlottenburg. Ist die poppige Fassade des „Happy Go Lucky“-Hostels am Stuttgarter Platz 17 ein Kunstwerk? Wenn ja, wer trägt dann die Kosten für seine Pflege? Fragen, um deren Antworten sich Bezirksamt und Eigentümer gerade streiten – wieder einmal.

Stadtgeschichtsbuch auf. Als Oliver Schruoffeneger (Grüne) im November 2016 sein Amt als Baustadtrat antrat, lagen Verwaltung und Hauseigentümer Alexander Skora bereits seit zwei Jahren im Clinch. Im April 2012 stellte sich Skora nach der Pleite des Vorgängers „Berolina Backpacker“ selbst an die Rezeption. Er montierte die alten Buchstaben oben an der Fassade ab und weil sie wegen unterschiedlicher Sonnenbleiche auf dem orangefarbenen Grund weiterhin zu sehen waren, schraubte er gleiche Lettern des neuen Namens Happy Go Lucky Hotel an. Dazu ließ er Smileys aufmalen. „Werbung, nicht genehmigt“, urteilte das Amt und verlangte, Namen und die fröhlichen Gesichter zu entfernen. Der Fall landete vor dem Richter und das Verfassungsgericht gab dem Bezirk Recht. Skora baute zurück und ließ – wie erlaubt – in Höhe des ersten Stocks „Happy Go Lucky Hearts“ aufpinseln.

Drei Jahre war Ruhe

Drei Jahre lang war Ruhe, abgesehen davon, dass der alte, verblichene Name stets die Gäste verwirrte. Dann brachte der neue Pächter die abmontierten Buchstaben wider besseres Wissen erneut oben an. Der Bezirk drohte mit Verfahren, Skora baute zurück. Im Sommer 2016 ließ er dann die Front vom irischen Künstler Dom Browne quietschbunt verzieren, von ganz oben grüßt das Graffito „Happy Go Lucky Hearts“. Skora plädierte auf Kunstfreiheit, das Bezirksamt spricht immer noch von genehmigungspflichtiger Werbung. Stadtgeschichtsbuch zu.

Schruoffeneger empfand die Streiterei eigentlich als „albern“ und ging einen anderen Weg als sein Vorgänger Marc Schulte (SPD), der keine Extrawurst für Skora braten wollte. Er holte alle Beteiligten an einen Tisch und dort sei dann seiner Meinung nach ein guter Kompromiss gefunden worden: „Wir dulden die Fassade, wenn uns der Eigentümer garantiert, dass sie in diesem Zustand erhalten bleibt."

Agreement aufgekündigt

In einer Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses gab Schruoffeneger kürzlich bekannt, Skora habe dieses Agreement wieder aufgekündigt und vom Bezirk eine finanzielle Beteiligung an der Pflege und Erhaltung verlangt. „Ich verstehe das nicht und finde es ehrlich gesagt ein bisschen frech“, wertete der Baustadtrat das Handeln. Alexander Skora erklärt selbiges so: „Ich würde die Fassade schon in Ordnung halten. Das ist in meinem ureigenen Interesse, das habe ich auch gesagt. Aber laut Schreiben des Justiziars möchte das Bezirksamt das ins Grundbuch eingetragen haben. Und dass mir dauernd jemand im Nacken sitzt, der mir sagt, wie welcher Farbton zu sein hat, kann ich nicht brauchen. Das hat ja schon Denkmalschutz-Niveau. Wenn ich eines Tages verkaufen sollte, hat der Käufer dasselbe Problem.“

Skora ist verärgert über das Gebaren des Amtes, schließlich befände man sich nicht in einem totalitären Staat. „Und dass per Baulast die Pflege gesichert werden soll, zeigt doch die Wertschätzung für das Kunstwerk. Und dann soll sich das Amt auch finanziell beteiligen.“ Das Bezirksamt wird laut des ebenfalls verärgerten Baustadtrats Schruoffeneger nun wieder das Verfahren zur Beseitigungsanordnung verfolgen, Skora sagt, das beeindrucke ihn nicht. Gut möglich, dass sich die beiden Parteien bald erneut vor Gericht treffen. maz

Autor:

Matthias Vogel aus Charlottenburg

following

Sie möchten diesem Profil folgen?

Verpassen Sie nicht die neuesten Inhalte von diesem Profil: Melden Sie sich an, um neuen Inhalten von Profilen und Orten in Ihrem persönlichen Feed zu folgen.

7 folgen diesem Profil

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

Beitragsempfehlungen

Gesundheit und MedizinAnzeige
Wenn Sie Ihren eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben, erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht.  | Foto: Caritas-Klinik Dominikus

Wir informieren Sie
Patientenverfügung und Vorsorge

Wer denkt schon gerne an einen Unfall oder sein Ableben? Doch wenn der Notfall eintritt, stehen unsere Angehörigen vor einer großen Herausforderung. Um ihnen diese Last und Verantwortung zu erleichtern, ist eine Patientenverfügung wichtig. Das ist die eine Seite. Die andere Seite ist, seinen eigenen Willen in einer Patientenverfügung niederzuschreiben. Dadurch erhalten Sie die größte Sicherheit, dass das, was geschieht, Ihren eigenen Weisungen und Vorstellungen entspricht. Ihre Ärzte und...

  • Hermsdorf
  • 08.05.24
  • 263× gelesen
Gesundheit und MedizinAnzeige
Chronische Bauchschmerzen können das Leben stark beeinträchtigen.

Lösungsansätze
Chronische Bauchschmerzen verstehen

Chronische Bauchschmerzen sind definiert als konstante oder wiederkehrende Schmerzen, die drei Monate oder länger anhalten und das Leben stark beeinträchtigen können. Aber was steckt hinter diesen Schmerzen? Die möglichen Ursachen sind vielfältig und erfordern häufig eine umfangreiche Diagnostik. Rund 30 % der Betroffenen erhalten nach dem Hausarztbesuch keine spezifische Diagnose. Doch warum ist das so? Wir laden Sie ein, mehr über chronische Bauchschmerzen zu erfahren, warum eine Koloskopie...

  • Hermsdorf
  • 10.05.24
  • 90× gelesen
add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.